Eigentlich kämpfe ich mich noch durch Westworld, zur Abwechslung war's gestern aber nach längerer Pause mal wieder ein Film ...
The Northman
Film: 7/10 - wie das so mit Videobuster Wunschlisten ist, meistens ist die kuratiert, aber meistens vergesse ich dann auch wieder warum ich einen Film sehen wollte. Bei Northman dachte ich "Wikinger, andere Machart, toll. Gefällt bestimmt auch der Frau". Nicht gefasst war ich auf den sehr anderen Stil von Eggers der 2:15 stündigem Werk. Fjölnir (Claes Bang) ermordet König Aurvandil (Ethan Hawke), den Vater vom Northman Amleth (Alexander Skarsgård). Der schwört Rache und kehrt Jahre später nach Island zurück, um seinen Schwur zu vollenden. Unterwegs macht er Bekanntschaft mit Olga (mit fürchterlichem Pseudo-Akzent: Anya Taylor-Joy), die gleichfalls ein paar Dinge bei Fjölnir zu regeln hat. So ungefähr geht der mehr oder minder typische Racheplot.
Eggers erzählt seine Geschichte eher sperrig und hat mit größtmöglicher Authentizität ein raues Werk auf die Leinwand gebracht, das über weite Strecken ein unangenehmes Gefühl in der Magengrube weckt. Die Geschichte an sich passt auf einen Bierdeckel und die Inszenierung überlässt es oft dem Zuschauer zu verstehen was da passiert (so wurden etwa erst auf Drängen des Studios Kapiteleinblendungen hinzugefügt, um dem geneigten Seher näherzubringen was und wann er gerade sieht).
Bild: 8/10 - Im Seitenverhältnis 2:1 kommt Northman extrem düster und entsättigt daher. Nu wissen wir, dass ich weder Düsterness um der Düsterness halber mag (Batman oder Dune), noch an übermäßigem Grading Gefallen finde. Hier aber, aufgemerkt!, finde ich beides sensationell und das zahlt m.E. auf das ansonsten sehr durchschnittliche Bild ein. Wenn in Wikingerhäusern nachts nur ein Feuer brennt, ist das schlicht düster, Zeichnung in den Schatten kann man nur erahnen und mithin kneift man beim Schwenk über ein Feuer auch mal die Augen zusammen. Finde ich extrem gut. Genauso den Kunstgriff in manchen Nachts-Szenen das Bild nahezu vollständig zu entsättigen und schwarzweiß zu machen - denn auch das entspricht dem Sehen bei Dunkelheit, gibt es keine Lichtquellen.
Dazu eine teilweise wunderbar gradlinige Kameraführung, die den Darstellern elegant durch die rauen Sets folgt und das ganz und gar nicht elegante Geschehen auf der Leinwand perfekt kontrastiert. Dass es übermäßig viel regnet oder schneeregnet ist mir ein bisschen zu viel "schlecht Wetter", aber Schwamm drüber. Die Darsteller werden oft großformatig gezeigt und durch die häufig leicht weitwinklige Einstellung entgegen der Sehgewohnheiten gar nicht schmeichelhaft optisch verdichtet sondern eben merkwürdig verzerrt. Toll, das alles!
Ton: 9/10 (deutsch trueHD) - unangenehm wie das Bild kommt auch der Ton daher. Neben vielen kehligen Gesängen gibt es über Teile ungewohnt disharmonische Melodien zu hören, die auch musikalisch an den Nerven zerren. Die Surroundathmo ist sehr dicht gemastert, der Basseinsatz ist kräftig, viele Splitsurroundeffekte scheuchen den Zuschauer auf - eine sehr gute Tonspur.
Unterm Strich ist diese Tour de Force haarscharf an "das halten wir nicht durch" vorbeigeschlittert, der Plot ist simpel aber sehr sperrig erzählt und es gibt einfach keine oder kaum Lichtblicke. Dafür wird man ob der Inszenierung nahezu mit Gewalt in seinem Sitz gehalten und folgt den Geschehen mit einer Mischung aus Faszination und Abneigung. Für mich gibt's keine Zweitsichtung, dafür ist mir das Ganze einfach zu trostlos und düster. Aber da wurde mit Hingabe inszeniert und gefilmt und ist man in der entsprechenden Stimmung sollte man sich das Werk durchaus einmal anschauen.