Hörgewohnheiten und Lautsprechertypen

  • Ich möchte zwei Diskussionen aufgreifen:
    Thread "Spezielles" Angebot für ganz "spezielle" Audiophi
    Die Diskussion mit Junior, die ausgehend vom Thema DSPs sich in eine allgemeine, man könnte sagen philosophische Richtung entwickelt hat.
    Thread Trennung oder nicht: Das ist HIER die Frage
    Der Beitrag #24 von Macelmann, der sich um Hörerfahrungen mit und ohne Subwoofer dreht.


    Ich möchte ein Erlebnis schildern, dass sich vor ca. 3 Jahren zugetragen hat.


    Ich war mit zwei Bekannten aus der Heimkino-Szene, nennen wir sie A und B, zu Gast bei C.
    C hatte eine Heimkinoinstallation in seinem Wohnzimmer mit großen Vollbereichs-Lautsprechern von Infinity.
    Wir hörten diverse Musikstücke, v.a. akustische Musik.
    Nach der Hörsession tauschten wir uns über unsere Höreindrücke aus.


    Was mich damals sehr überrascht hatte war, dass wir vier jeweils auf sehr unterschiedliche Dinge geachtet hatten.
    C legte v.a. auf die Musikalität der Wiedergabe wert, dass sich ein Instrument X auch so anhörte wie ein entsprechendes reales Instrument (C ist begeisterter Konzertgänger und Hobby-Musiker).
    A legte Wert auf die Bühnenabbildung und auf eine präzise Lokalisation.
    Mir war eine gute Kombination aus Räumlichkeit und Präzision wichtig.
    Bei B weiß ich es nicht mehr genau, es war aber noch mal anders.


    Was will ich damit sagen?


    *** Selbst wenn 4 Personen das gleiche hören, so hören sie doch nicht dasselbe. ***


    Es hängt vieles an individuellen Eigenheiten, angefangen mit dem Hörvermögen, der Verarbeitung der Hör-Reize im Gehirn und den persönlichen Vorlieben.
    Dazu spielt auch das typische Musikmaterial eine große Rolle.
    Wer am liebsten Kammermusik hört setzt andere Schwerpunkte als ein Fan von elektronischer Musik.


    Ich habe für mich aus diesen Erfahrungen den Schluss gezogen, dass es nicht die beste Anlage schlechthin gibt.
    Es gibt „nur“ individuelle beste Lösungen, nicht allgemein gültige.


    Ein sehr wichtiger Schritt auf meiner Suche nach dem „perfekten Klang“ war es deshalb herauszufinden, was für mich die relevanten klanglichen Determinanten sind und wie ich diese bestmöglich erreiche.


    Neben diesem Faktor gibt es noch einen weiteren, der mMn hier eine große Rolle spielt:
    Die Gewöhnung.


    Vor ca. 3 Jahren hatte ich mir ein neues Auto gekauft und ich hatte mir das erste Mal ein hochwertiges Soundsystem von Burmester gegönnt.
    Probehören konnte ich das Soundsystem allerdings vorher nicht in der von mir bestellten Baureihe sondern in einer anderen Baureihe.
    Als dann mein Auto geliefert wurde war ich doch etwas enttäuscht.
    Es klang zwar nicht schlecht, aber irgendwie hörte sich meine Musik damit nicht „richtig“ an.
    Nach einiger Zeit hatte ich mich jedoch an den neuen Klang gewöhnt und nun hört sich meine Musik für mich wieder richtig an.


    Dieser Effekt der Gewöhnung führt übrigens dazu, dass uns unser eigener Kinoraum immer etwas besser gefällt als ein (theoretisch) ähnlich guter anderer Kinoraum.
    Der klingt ja erstmal ungewohnt.


    Zu den o.g. Diskussion DSP ja/nein und Sub ja/nein.


    Es gibt objektive technische Aspekte (wurden bereits genannt).
    Daneben gibt es subjektive Aspekte.
    Es mag für den ein oder anderen tatsächlich mit Subwoofer schlechter klingen.
    Wenn dem so ist, dann ist die individuell beste Musikanlage eine mit Vollbereichslautsprechern.
    Warum auch nicht ... es lebe die Vielfalt!
    :sbier:

  • Und wieder einmal kann ich nur schreiben, „leben und leben lassen“.
    Du fasst es ziemlich genau zusammen. Jeder Mensch hat andere Erwartungen. Jeder Mensch hört anders, nimmt anders wahr und findet entsprechend das eine oder das ander besser. Es gibt kein richtig und falsch. Und daher spielt es absolut keine Rolle, ob man bei 80Hz trennt oder Vollbereichs-Lautsprecher einsetzt, nen DSP bevorzugt oder eher analog mag, Kabel auf Hollklötzchen legt oder zwirbelt, um Störeffekte zu minimieren. Solange man keine grundlegenden Fehler begeht, kann doch jeder machen, was er will... :sbier:

  • ... und man darf nicht vergessen, dass wir uns hier in Sphären bewegen die für "normale" Menschen schon sehr weit abgehoben sind.


    Ich habe einige Gäste, die im Laufe des Bauprozesses der letzten 3 Jahre des öfteren mit mir Filme geschaut haben.
    Die Feinheiten, die wir hier diskutieren, bemerken die wenigsten.


    Die großen Schritte, z.B. die Optimizer Einmessung der provisorischen KEF Lautsprecher, die "Aries" Lautsprecher oder das DBA ... solche gravierenden Unterschiede bekommen auch Otto-Normal-Verbraucher mit.
    Schon mittlere Schritte, z.B. das Hinzufügen der beiden Center Lautsprecher (5.1 statt 4.1 Phantomcenter), sind für die meisten nur unwichtige Details.
    Wenn ich dann z.B. über geschichtete Absorber oder gefaltete Diffusoren berichte, oder wenn ich erzähle dass ich extra schwarzen Samt aus den USA importiert habe, oder ...


    Das ist eben das schöne an so einer Männer-Selbsthilfe-Gruppe, ähem, ich meinte Forum.
    Da kann man sich unter Gleichgesinnten austauschen.
    :sbier:

  • AMEN :heilig: Dem Gesagten ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.


    Wir können uns bestimmte Details der Widergabe konzentrieren und auf bestimmte Fehler achten. Jeder erlebt die gleiche Performance unterschiedlich.
    Auch falsche Hörgewohnheiten kann man sich schnell aneignen (z.B. zu viel Bass). Beim Essen, Kleidung oder Autos stellen wir diese Vorlieben gar nicht in Frage. Letztendlich gibt es kein Perfekt, sondern immer nur den bestmöglichen Kompromiss im eignen Heimkino. Ich hatte in diesem Forum die Leute immer wieder aufgefordert mit ihren eigenen Ohren zu hören, Erfahrung zu sammeln und nicht immer nur auf die Meinung der "Experten" vertrauen.


  • [...]
    Ich hatte in diesem Forum die Leute immer wieder aufgefordert mit ihren eigenen Ohren zu hören, Erfahrung zu sammeln und nicht immer nur auf die Meinung der "Experten" vertrauen.


    Das kann ich nur unterschreiben!
    :respect:


    Gerade als Anfänger ist man auch erst mal "verloren".
    Als ich Ende 2014 das beisammen Forum entdeckt hatte kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus.
    Ich kannte vorher nur "gewöhnliche" Hifi Lautsprecher, dort gab es nun auch Studiomonitore, PA Lautsprecher, Hornlautpsrecher für Kinosysteme, Selbstbaulautsprecher in allen möglichen und unmöglichen Varianten ...


    Ja, was ist denn nun das richtige Lautsprechersystem für einen Kinoraum?


    Ich habe mir dann viele Optionen angehört.
    Dabei habe ich (für mich!) festgestellt, dass ...
    - Hornlautsprecher (meistens) nicht mein Ding sind,
    - Studiomonitore mir gut gefielen, es mir doch aber ein wenig an "Atmosphäre" fehlte,
    - gewöhnliche Hifi Lautsprecher bei höheren Pegeln etwas an Dynamik und Souveränität vermissen ließen,
    ...
    und so bin ich letztlich zum Konzept der Aries Lautsprecher gekommen.


    Für jemand anderes mag das ganz anders aussehen ... aber was das richtige für einen ist muss man erst einmal herausfinden!

  • Darum sind ja

    Zitat

    Hornlautsprecher (MEISTENS) nicht sein Ding,


    Aber mir ging es auch so.. einige der wenigen nicht AMT Hörner, die sich absolut genial angehört haben, waren die Tricolore vom Dieter Achenbach. Das ist kein Vergleich zu Klipsch und Co.. aber nen AMT war dann noch einmal etwas anderes und ist darum dann auch bei mir im Kino gelandet..

  • Naja, ein Horn ist ja auch nur eine "Schallführung" und ich finde den Übergang zwischen "Waveguide" und "Horn" fließend.


    Zitat

    Hornlautsprecher (meistens) nicht mein Ding sind,


    Dann hast Du so meine ich noch nicht richtig gute Treiber gehört. Z.B. die Beryllium Hörner der Everest/K2 oder die Radian true Beryllium Treiber?
    Solltest Du mal machen. Ich denke dann würdest Du Deine Meinung auch ändern.


    Ich war selbst erst neulich verblüfft über diesen Treiber hier wie gut der gespielt hat und das zu dem Preis.
    https://faitalpro.com/en/produ…ls/index.php?id=502010170


    Solltest Du mal die Gelegenheit haben hör Dir mal welche an.



    Ansonsten stimme ich Deiner Meinung voll zu.

  • Das Problem ist oft, dass Kompressionstreibern mit Hörnern / WG kombiniert werden, die einfach nicht zu einander passen. Der Öffnungswinkel verläuft dann oft nicht fließend und es führt zu Verfärbungen und Einbrüchen im Abstrahlverhalten. Das führt dann zum pauschalen Verruf von Kompressionstreibern / WG.

    auch gewerblich als User "Speaker Base" unterwegs

  • Okay, noch eine Erklärung wie ich aufgrund von Hörerfahrungen mit Schallführungen (von Waveguide bis Horn) und mit verschiedenen Treiberkonzepten (AMT, Kalotte, Kompressionstreiber) zu meiner Aussage „nicht mein Ding“ gekommen bin.


    Nach meiner Erfahrung ist folgende Unterscheidung hilfreich:
    1) Die Schallführung modelliert das Abstrahlverhalten.
    2) Die Schallführung erzeugt das Abstrahlverhalten.


    Mit 1) meine ich, dass die Abstrahlcharakteristik des Treibers mit und ohne Schallführung nicht gravierend verschieden sind, die Schallführung bewirkt also keine grundsätzliche Änderung.
    Das gilt insbesondere für Waveguides.


    Mit 2) meine ich, dass sich die Abstrahlcharakteristik des Treibers mit und ohne Schallführung deutlich unterscheidet, insbesondere dass die Abstrahlung eingeschnürt wird.
    Also das was viele Hörner machen.


    Bei Auslegungen entsprechend 1) habe ich keine Verfärbungen des Klangs wahrgenommen.
    Wenn die Auslegung in Richtung 2) ging habe ich in mehreren Fällen Verfärbungen des Klangs wahrgenommen, teilweise auch recht deutlich.


    Es ist durchaus möglich, dass meine Höreindrücke im Einzelfall durch weitere Parameter beeinflusst wurden, also dass z.B. ein nicht passender Frequenzgang oder eine ungünstige Geometrie der Schallführung / des Horns zu meinem Höreindruck beigetragen haben.


    Um für meinen Kinoraum auf Nummer sicher zu gehen habe ich 2) ausgeschlossen.
    Meine Philosophie ist es also, dass die wesentliche Abstrahlcharakteristik durch die Chassisgeometrie oder die Anordnung mehrerer Chassis erzeugt werden sollte.
    Den Schall durch eine Schallführung „einzuzwängen“ möchte ich lieber vermeiden.


    Es ist wohl ein Stück weit auch eine Gefühlssache.
    Es gibt die persönlichen Vorlieben ja nicht nur hinsichtlich Klang sondern auch bei technischen Lösungen (z.B. der eine schwört auf Bassreflex, der andere schließt das gleich mal aus).
    Letztlich muss auch das technische Konzept gefallen.
    Das ist bei Kompressionstreibern übrigens auch so ein Punkt …


    PS

    Zitat

    Dann hast Du so meine ich noch nicht richtig gute Treiber gehört. Z.B. die Beryllium Hörner der Everest/K2 oder die Radian true Beryllium Treiber?
    Solltest Du mal machen. Ich denke dann würdest Du Deine Meinung auch ändern.


    Diese Treiber kenne ich nicht.
    Sollte ich einmal die Gelegenheit haben so höre ich sie mir gerne an.

  • Zitat

    Den Schall durch eine Schallführung „einzuzwängen“ möchte ich lieber vermeiden.


    Dann hast du dir aber von Nils die falschen Lautsprecher bauen lassen...


    Deine LS haben die größte Schallführung die ich glaube ich je gesehen habe...

  • Hallo Aries


    ich glaube zu verstehen was Du meinst mit Deiner Schilderung.
    Allerdings vergisst Du dabei, dass es für Hörner spezielle Treiber gibt. So kannst Du eine "Normale" Hochtonkalotte auf einer Schallwand betreiben oder mittels Waveguide. Bei einem Kompressionstreiber geht das nicht.
    Dahingehend sind das für mich Äpfel und Birnen.
    Der Beyma funktioniert ohne Horn übrigens auch nicht gut.


    Der Clou bei den Horntreibern die ich Dir nannte ist, dass man ehrlich gesagt nicht meint, es wäre ein Horn, weil das Horntypische, nämlich das Schrille, Agressive nicht existiert.
    Wichtig ist aber auch die Ausführung des Horns und das Material aus dem es besteht.


    Aber wie gesagt. Ich denke ich versteh Dich würde Dich aber bitten bzw. würde mir wünschen, dass Du unvoreingenommener bist ;)


    VG Jochen

  • Aus der bisher noch nicht allzulangen gemeinsamen Zeit und den Posts die ich bisher von Aries kenne, ist Voreingenommenheit eines der Attribute, die ich bisher vom Aries eher nicht wahrnehme. Eher dass er sich zu allem sehr ausführlich Gedanken macht, abwägt, anhört und vergleicht. Daraus dann seine Schlüsse zieht, die vielleicht hier und da noch falsche Begründungen haben. Aber voreingenommen eher nicht.

    auch gewerblich als User "Speaker Base" unterwegs

  • Es macht schon einen riesigen Unterschied aus, ob eine Schallführung nur in einer Dimension wirkt (Aries M) oder in zwei (rund oder eckig). Das Konzept der Aries M ist, dass die Schallführung nur das horizontale Abstrahlverhalten verstetigt. Vertikal wird es dagegen rein über Interferenz erzeugt. Das sähe ohne Schallführung quasi genauso aus. Von daher hat die Aries M mit einem typischen Hornlautsprecher zumindest technologisch kaum etwas gemein. Ähnlich ist die vertikale Richtwirkung, die viele asymmetrische Hörner (z.B. Limmer) auch erzeugen. Aber zumindest die "Schmutzeffekte" tiefer Hörner (Reflexion am Mund usw.) treten hier nicht in der Form auf.

  • Ich muß ehrlich gestehen, dass ich die Kurve der eigentlichen Diskussion nicht bekommen habe.
    Diskutieren wir die Aries M (davon bin ich jetzt eigentlich nicht ausgegangen) oder Hörgewohnheiten und die Ursache warum Aries scheinbar Hörner nicht gefallen :think:


    Ok, müssen wir auch nicht weiter intensivieren.
    Das einzige wo ich nochmal nachfassen möchte ist, wie Du den Unterschied zwischen Deiner Son und der Aries M im HOchtonbereich beschreiben würdest?

  • Nils, vielen Dank für die Erläuterung der technischen Aspekte und den interessanten Link.
    Den kannte ich noch nicht.


    Ich habe ja bewusst geschrieben „nicht *mein* Ding“.
    Es gibt viele Fans von Hornlautsprechern und natürlich gibt es auch bessere und weniger gute Konzepte wie das auch der Link von Nils aufzeigt.
    Vermutlich bin ich recht sensibel, was die Artefakte von (weniger guten?) Hornlautsprechern anbetrifft.


    Ich hoffe, ich gieße jetzt nicht zu viel Öl ins Feuer … noch eine kleine Anekdote:
    Vor ein paar Jahren habe ich bei einem Bekannten aus der Heimkinoszene einen großen Selbstbau-Horn-Lautsprecher gehört (Details zu den Lautsprechern weiß ich leider nicht mehr).
    Als ich den Erbauer auf gewisse klangliche Verfärbungen aufmerksam machte war er zunächst überrascht.
    Als wir einige Zeit nach meinem Besuch noch einmal Kontakt hatten berichtete er, dass er nun die Verfärbungen auch hören würde.
    Sein nächster Lautsprecher hatte dann übrigens keine Hörner mehr.
    ;)


  • Das einzige wo ich nochmal nachfassen möchte ist, wie Du den Unterschied zwischen Deiner Son und der Aries M im Hochtonbereich beschreiben würdest?


    Da die Son B bei mir in einem optisch sehr ansprechenden, akustisch jedoch sehr ungünstigen Wohnraum (Volumen 350 bis 400 m³, Nachhallzeit ca. 1 Sekunde) spielt klingt es nicht gut.
    Von daher nutze ich die Son B nur für Hintergrundbeschallung.


    Ich hatte schon mal überlegt, die Son B probehalber in den Kinoraum zu bringen und dort zu hören.
    Der ganze Aufwand mit der Verkabelung ist mir aber zu groß.

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