ich komme mal hier auf die Frage von Stefan aus dem madVR Thread zurück bezüglich Software zum Kalibrieren und deren Unterschiede.
Die eingesetzte Software für die Videomessung spielt m. E. gar nicht eine so große Rolle. Hier gilt eher der Grundsatz "die beste Software für mich ist die, die ich am besten beherrsche und die mein Equipment unterstützt".
Aber natürlich gibt es einige Unterschiede. Daher ein sehr grober Überblick aus meiner Sicht.
"Calman" kommt aus dem Consumerbereich, stellt zahlreiche gut vorbereitete Workflows bereit und hat eine sehr verständliche Darstellung der Ergebnisse. Gleichzeitig unterstützt es zahlreiche Sensoren und Generatoren sowie Displays bis hin zu einer fast automatischen Kalibrierung.
Calman ist kostenpflichtig und hat eine jährliche Wartungsgebühr. Die Lizenz selber ist aber nicht zeitlich begrenzt.
Leider wird die sehr beliebte Calman-Home-Enthusiast-Version ab März 2019 nicht mehr angeboten und bestehende Lizenzen nur noch bis September 2020 gepflegt. Das ist sehr sehr bedauerlich.
Die ab März 2019 angebotenen Home-Lizenzen beziehen sich auf bestimmte TV-Hersteller (keine Projektoren) und werden nur ein Jahr lang gepflegt (Updates), sind dafür aber recht günstig. Sie unterstützen die im Homebereich üblichen Sensoren von DataColor und Xrite sowie eine kleine Palette von Patterngeneratoren - auch den von MadVR, aber Lumagen nicht mehr.
3-D-LUTs werden von den neuen Home-Versionen nicht unterstützt/erzeugt - weder für LUT-Boxen (z.B. Radiance) und auch nicht für MadVR. Bei Projektoren unterstützt das neue Calman Home nur das manuelles Kalibrieren.
"LightSpace" kommt aus dem Profibereich der Filmproduktion, wo durch den Einsatz verschiedener Kameras und Farbräume die 3-D-LUT-Generierung und Farbraumtransformationen/-konvertierung tägliches Geschäft ist. Der Schwerpunkt des vor ca. 12 Jahren vorgestellten Programmes liegt in der LUT-Erstellung und Farbkonvertierung. Das Kalibriergeschäft ist nur ein Teil von LightSpace und bezog sich zunächst im Wesentlichen auf Displays der Filmpostproduktion. Daher kommt auch das stark auf Normen basierende Konzept des Programmes und wenn man Steve Shaw als Formalisten bezeichnet, ist das sicher richtig.
Gleichzeitig sind die Genauigkeitsanforderungen im Produktionsbereich sehr hoch.
Hinsichtlich der LUT-Berechnung geht LightSpace einen anderen Weg als z.B. Calman, das eine iterative Methode mit mehreren Messungen verwendet.
Light Illusion berechnet seine LUTs in LightSpace auf Basis einer Messreihe (Charakterisierung) und eines theoretischen Korrekturmodels. Dadurch reicht eine Messreihe für mehrere Ziele.
Den Consumermarkt für LightSpace hat Light Illusion erst vor ein paar Jahren entdeckt und schlägt sich dort eigentlich recht gut.
Die Benutzerschnittstelle von LightSpace kann ihre Herkunft nicht verleugnen. Absolut funktionell und schnörkellos und man muss einfach wissen, was man will. Dazu werden aber nahezu alle auf dem Markt befindlichen Sensoren, Generatoren und LUT-Boxen sowie Bildschirme im Profibereich unterstützt.
Im Consumerbereich hinkt LightSpace aber Calman bezüglich TVs hinterher und setzt für die Geräte der Firma LG das Tool "DeviceControl" ein.
Im Gegenzug bietet aber schon die kleinste Home-Lizenz (HTL) ein richtig brauchbares Leistungspaket und ist mit der Calman Enthusiast vergleichbar, nur das LightSpace HTL eine vollwertige 3-D-LUT Berechnung bietet und die LUT dann entweder direkt in das Display bzw. die LUT-Box lädt oder eine entsprechende Exportdatei erzeugt. Für MadVR z.B. gibt es da ein spezielles Format.
Aber auch 1-D-LUTs können erstellt werden. Schon die HTL-Version kann fertige RGB-korrigierte Gammakurven (ldt-Dateien) für den Sony-Image-Director erzeugen oder entsprechende für die JVC-Projektoren vorbereiten.
Wie schon von Surffreak erwähnt ist LightSpace auch kostenpflichtig, Light Illusion verzichtet aber auf eine jährliche Gebühr. Dafür muss man aber für das in 2020 erscheinende Nachfolgeprogramm "ColourSpace" einen Updatepreis zahlen.
Ganz grob kann man sagen, dass sich die kostenpflichtigen Programme hinsichtlich des Preises sehr stark an dem eingesetzten Messequipment und den LUT-Boxen etc. orientieren. Die Sensoren und Generatoren aus dem Consumerbereich werden von den Home-Versionen, die Profi-Messgeräte von den teureren Profiversionen unterstützt.
Besonderen Augenmerk möchte ich auf das kostenlose Programm HCFR legen, weil es m. E. eine echte Meisterleistung darstellt. Da es die Treiber von "Argyll CMS" nutzt, unterstützt es eine Vielzahl von Sensoren. Leider hat es für die Unterstützung der gängigen Generatoren und LUT-Boxen nicht mehr gereicht. MadVR und Raspberry Pi als Generatoren gehen aber. 3-D-LUTs können auch nicht gebaut werden, aber zum Einarbeiten ist das Programm echt klasse.
Seit Frühjahr 2018 hat die Entwicklergruppe um "Zoyd" die Arbeiten an HCFR offensichtlich eingestellt, aber es hat sich diesen Herbst noch jemand (bberu) gefunden, der eine Anpassung für das neue DataColor Spyder X gemacht hat.
HCFR ist eigentlich sehr leicht zu bedienen und im Netz gibt es irre viel Infos dazu.
Ganz auf "Argyll CMS" basiert das kostenlose (Spenden erwünscht) Programm DisplayCal, das seinen Schwerpunkt in der Monitorkalibrierung hat, laufend gepflegt wird und ebenfalls 3-D-LUTs berechnen kann. Ich setze zwar ein DisplayCal-Profil auf meiner Windows-Workstation ein, nutze das Programm aber nur gelegentlich.
Mit dem Programm "Chromapur" kennt sich Karl() besser aus - ich hatte das nie im Einsatz.
Dafür kann ich aber noch mit einem USB-Dongle für das Programm "ColorFacts Professional" - so um das Jahr 2004 - aufwarten. Das läuft bei mir noch auf einem alten Acer-Laptop mit Windows XP und war sauteuer. ;)
Da ich mich inzwischen mit LightSpace angefreundet habe, nutze ich dies hauptsächlich für den gesamten Kalibrierprozess. Allerdings prüfe ich die Ergebnisse dann gerne mit Calman nach - zwei Programme sehen besser.