Pioneer SC-LX83 vs. Marantz SR9600
Wie schlägt sich der alte Bolide ohne aktuelle Decoder gegen den mit neuester Technik vollgestopften Pioneer SC-LX83?
Schon einmal habe ich ein Upgrade (Downgrade) von einem modernen Mitteklasse Receiver (Onkyo TX-SR805) auf einen High End Verstärker ohne HD-Decoder(Denon AVC-A11XV) gewagt. Damals mit durchweg positivem Ergebnis.
Danach bin ich bei der Rotel Vor-Endkombi (1570+1565) gelandet, auch hier mit deutlicher Steigerung zum A11XV.
Nach meinem Umbau, spielte die Rotel Kombi etwas zurückhaltend und unausgeglichener als zuvor, da mir die Kombi aber keine Möglichkeit zur Raumanpassung bot, habe ich sie durch den LX83 ersetzt, wohl wissend, daß dieser, rein nativ, schlechter klingt.
Jetzt war ich fast 9 Monate glücklich damit, mal mehr mal weniger. Der innere Aufbau und die Endstufentechnik konnten mich allerdings in keinster Weise überzeugen.
Die von mir anvisierten Modele, wie der DSP-Z11 oder Denon AVC-A1HD, waren mir noch zu teuer, so schaute ich mich wieder in der Bolidenliga der älteren Modele um.
Nun wurde mir der Marantz SR9600 angeboten, der rein vom Aufbau her mehr als überzeugt. Endlich wieder Hauptelkos, die man auch so nennen kann und ein Trafo der das Herz höher schlagen lässt. Alle Baugruppen in Sektionen angeordnet, die Bodenplatte doppelt und mit Kupfereinlagen versehen, massive Seitenteile unter dem Gehäusedeckel und diverse andere Dinge, die man in aktuellen Geräten bis 3000€ nicht findet.
Mich wundert, daß diesen ganzen Dingen in den modernen Geräten keine Bedeutung mehr geschenkt wird und bezweifle, daß es keine Auswirkungen auf den Klang hat.
Wie gut sich nun der Marantz gegen die Hightech Zentrale von Pioneer schlägt sollen die Hörvergleiche zeigen.
Getestet wurde an folgendem Equipment:
Lautsprecher: Klipsch RF-82MKII, RC64, RS-62MKII, 2xTeufel M11000
Bluray Player: Denon DVD3800BD
Der HD-Ton für 5.1 Spuren wurde dem Marantz per HDMI PCM übergeben, für 7.1 musste auf den analogen Mehrkanaleingang ausweichen.
Die herkömmlichen Tonformate habe ich über Koax an den Marantz geschickt, aber dazu später mehr.
Die EQ-Einstellungen wurden vom Pioneer Receiver übernommen und im Marantz ebenfalls verwendet. Stereo wurde über HDMI oder Koax zugespielt.
Die Pegelunterschiede zum analogen 7.1 Mehrkanalausgang wurden mit Hilfe von verschiedenen Rauschsignalen ( DTS und Dolby Digital) ausgeglichen.
DasTestmaterial
CD: Nils Lofgren
Musik Bluray: Tori Amos (DTS HD Master Audio)
Stirb Langsam 4.0 (DTS)
Avatar (DTS)
Tron (7.1 DTS High Resolution)
Transformers 3 (englisch 7.1 Dolby True HD)
Transformers 1 (Dolby Digital)
Twillight (DTS HD Master Audio 5.1)
Stereo Nils Logren:
Die Gitarre von Nils Logren klingt über den Pioneer sehr anspringend und dynamisch, im Vergleich zum Marntz etwas härter und analytischer. Auf dem Marantz schwingen die Seiten glaubwürdiger ohne das Dynamik vermisst wird.
Der Marantz stellt die Bühne breiter dar und kann feine Details besser herausarbeiten, dadurch wirkt das Klangbild aufgeräumter.Hier kommt einem der Pioneer recht grobmotorisch und dynamisch vor. Gegen den Marantz klingt die Musik einfach unausgeglichener und vor allem die Stimmen tönen über den LX83 heller.
Mehrkanal Tori Amos:
DTS HD Master Audio Bitstream / PCM
Auch hier spielt der Marantz glaubwürdiger / musikalischer. Die Musik ertönt dynamisch, ohne die Dynamikspitzen des Pioneer aufzuweisen, die mitunter schon anstrengend klingen.
Geräusche im Mitteltonbereich werden vom SR9600 besser heraus gearbeitet, das Klavier entwickelt mehr Körper und klingt weniger "digital".
Auch hier klingt der Pioneer heller als der Marantz, selbst das Deaktivieren von Full Band Phase Control ändert das nicht.
Die Klangbalance des Marantz wirkt stets ausgeglichener und stabiler bei gleichmäßiger Betonung aller Frequenzbereiche.
Filmton herkömmliche Tonformate
Stirb Langsam 4.0 / Avatar / Transformers
DD und DTS via HDMI/Koax
Filmunabhängig entwickelt der Marantz mehr Volumen und Raumgefühl, der Pioneer spielt dynamischer und schlanker. Details im Klangbild bringt der Marantz plastischer ans Licht, der Pioneer widmet gewissen Dingen weniger Aufmerksamkeit, betont andere Dinge dafür etwas zu stark.
Der LX83 geht in etwa so wie ein Holzfäller vor und knallt die Effekte nur so raus, aber vergisst etwas sich um die Feinheiten zu kümmern, so klingt der Marantz ausgeglichener und mitreißender. Gerade bei Avatar gibt es viele kleine Details in den Umgebungsgeräuschen, die mir erst bei dem SR9600 wirklich aufgefallen sind.Wenn man dann darauf achtet, dann findet man diese auch beim Pioneer, aber eher hintergründiger und weniger nuanciert.
Bei Transformers klingen die Stimmen der Autobots über den Marantz beeindruckender und kräftiger, der Pioneer lässt die Stimmen etwas dünner und heller erscheinen.
Auch bei der Tunnelszene in Stirb Langsam 4.0 ist der Marantz in seinem Element und baut eine sehr beklemmende Atmosphäre auf, hier reißt der LX83 einen einfach nicht so sehr ins geschehen. Er knallt die Effekte etwas härter raus aber baut das nötige Raumgefühl nicht so glaubwürdig auf.
Die Ansteuerung des Subwoofers ist bei beiden Geräten grundlegend verschieden ausgelegt. Der Pioneer spielt trocken und schlank im Bassbereich, der Marantz minimal weicher und mit mehr Volumen ohne aufzudicken. Mir gefällt letzteres besser, da das Volumen einen großen Teil zum einhüllenden Raumklang beiträgt.
Filmton HD-Tonformate
Transformers 3 Dolby True HD Bitstream / 7.1 analog
Tron DTS High Res Bitstream / 7.1 analog
Twillight DTS HD Master Audio 5.1 Bitstream / HDMI PCM / 5.1 analog
Bei der Anfangsszene in Transformers gibt der Marantz die Dialoge immer verständlich und in angemessener Lautstärke wieder, selbst wenn die Dynamik steigt bekommt alles die richtige Gewichtung.
Der Nachrichtensprecher, der bei der Rückkehr der Astronauten berichtet, geht auf dem Pioneer etwas unter und der Musikscore wird fast unangenehm dynamisch. Hier verhält sich der SR9600 ganz anders, alles bleibt verständlich ohne das der Musikscore sich in den Vordergrund spielt. Allgemein scheint der Marantz die Stimmen besser ins Klangbild einzupassen.
Auch in den späten Kampfszenen arbeitet der Marantz mehr Details aus der Tonspur, wo der Pioneer einfach nur rausknallt und die Nuancierung vergißt.
Bei Tron ist der Unterschied nicht so deutlich zu hören, beide Receiver klingen beeindruckend. Der Pioneer spielt härter, analytischer und schlanker im Bass, der Marantz erzeugt wiederum mehr Raumgefühl und mehr Volumen, dabei mit etwas weniger Dynamik im Präsenzbereich.
Spielt man allerdings den DTS Core via Koax dem Marantz zu, dann wird das Klangbild nochmals räumlicher und geschlossener und klingt besser als die HD Spur über HDMI PCM.Für mein empfinden auch besser als der Bitsream Ton des Pioneer.
Das mag eventuell daran liegen, das es sich bei der HD Spur nur um High Res handelt und die 2 Mbit auf 7.1 Kanäle verteilt werden.
Der Core hingegen verteilt seine 1,5 Mbit auf 5.1 Kanäle, sodaß sich theoretisch für jeden Kanal dieselbe Bandbreite ergibt.
Die Stimme von Bellas Monolog zu Beginn des Films klingt auf dem Pioneer schlanker und härter, hier bringt der Marantz mehr Wärme und Volumen ins Spiel. Spielt man dem Marantz die Tonspur über HDMI PCM zu, dann klingt er auch etwas härter, allerdings hat er trotzdem mehr Volumen und die Stimmen sind etwas dunkler im Timbre.
Die Umgebungsgeräusche stellt der Marantz etwas geschlossener dar, während der Pioneer sich spezielle Geräusche herauspickt und diese etwas mehr betont, dadurch entsteht eine leichte Disharmonie im Klangbild.
Fazit:
Der Marantz klingt im Filmton in meinen Ohren ausgeglichener und runder, ohne das Dynamik und Kraft vermisst wird. Die Feindynamik ist bei ihm überzeugender ohne das die Grobdynamik vernachlässigt wird. Selbst mit einer zusätzlichen Wandlung, bei Zuspielung über den analogen Anschluß, kann der Marantz den Pioneer hinter sich lassen.
Der Pioneer agiert grobschlächtiger und spielt noch dynamischer, kann aber in Punkto Feindynamik nicht mithalten. Dadurch macht er Spaß, kann aber emotional nicht vollends überzeugen.
Im Musikbereich muss er sich deutlich geschlagen geben, da klingt der Marantz einfach sehr harmonisch, der Pioneer einfach zu digital. Auch die Bühne baut sich via SR9600 glaubwürdiger auf und steht stabiler.
Da ich vor 2 Jahren ähnliche Erfahrungen beim Wechsel von meinem Onkyo 805 auf den Denon A11XV gemacht habe, ist für mich eines klar: Besitz man einen älteren Boliden, sollte man nicht auf ein modernes Gerät der Spitzenklasse wechseln, sondern direkt in eine höhere Klasse, ansonsten wird man wohl eher enttäuscht. Was bringen hochmoderne DSP,s, wenn dann an den elementaren Dingen, wie Stromversorgung, Pufferelkos und geschirmten Aufbau gespart wird!?
Laut Marketing müssen alle technischen Features auf dem Papier zu lesen sein, aber an den Dingen, die nirgendwo auf dem Papier stehen, da wird der Rotstift angesetzt.
Daher wurde der Pionner kurzerhand gegen den Marantz ersetzt. Was darauf folgt ist noch nicht ganz sicher. Entweder eine moderne Vorstufe um den Marantz dann als Endstufe zu nutzen, oder ein neuerer Bolide.
Gruß Jan