• Film: 8/10 - Mitte des 19. Jahrhunderts werden die stumme Ada (Holly Hunter) und ihre Tochter Flora (Anna Paquin) aus ihrer Heimat Schottland in eine arrangierte Ehe nach Neuseeland geschickt um bei dem reichen Grundbesitzer Alisdair Stewart (Sam Neill) zu leben. Die Drama-Liebesgeschichte unter Regie und nach Drehbuch von Jane Campion wirft den Zuschauer nach kurzem einleitenden Voice Over von Ada bei stürmischem Wetter mitsamt Koffern, Kleidern - und dem Piano - an einen rauhen Strand. Alisdair taucht nicht auf und so müssen Ada und Flora die erste Nacht an eben diesem Strand verbringen.

    Schließlich erscheint er, da es aber viel Gepäch und nicht genug Träger gibt, entscheidet Alisdair, das geliebte Instrument zurückzulassen. Schlimmer noch, weil er dafür keine Verwendung sieht, bleibt es dauerhaft am Strand. Adas Drängen verhallt bei Alisdair ungehört, nicht aber bei dessen Nachbar George (Harvey Keitel). Der bringt Ada und Flora, nach langer Überredung, erneut zum Strand, zum Piano. Von Ada selbst und der innigen Verbindung zwischen Ada und ihren Tasten berührt, kauft er Alisdair das Instrument gegen ein Stück Land ab - unter der Bedingung, dass Ada ihn unterrichtet. Alisdair willigt ein, die Geschichte beginnt.

    Campion hat mit ihrer Geschichte einen Nerv getroffen, so durfte sie je einen Oscar für bestes Drehbuch und beste Regie abholen, Produzentin Jan Chapman erhielt den Goldjungen für besten Film. Und Hunter und Paquin erhielten ihn für beste Darstellering in Haupt- und Nebenrolle. Neben unzähligen weiteren Preisen die es insgesamt für Film und Beteiligte gegeben hat. Campion ist es gelungen, eine atmosphärische sehr dichte Erzählung zu weben, die - lässt man sich auf derlei Geschichten und ihre Figuren ein - den Zuschauer komplett in ihren Bann schlägt und ihre Laufzeit von zwei Stunden ohne überflüssige Schnörkel erzählt.

    Vor allem die sonst gerne quirlige Holly Hunter fasziniert durch ihr stummes Schauspiel und verleiht Ada alleine durch Mimik und Gestik eine derart reiche Vielzahl von Facetten, dass man nur beeindruckt attestieren kann, echter Schauspielkunst beigewohnt zu haben.


    Bild: 8/10 - Ganz sicher ist das Bild nicht im technischen Sinne hervorragend. Jedenfalls dann nicht, wenn man eine Abneigung gegen Korn hat, was das 16:9 Bild besonders in dunkleren Szenen reichlich auffährt. Aber die Neuauflage von '22 ist der alten Bluray deutlich überlegen, dem Vernehmen nach lies Criterion einen neuen 4K Scan der Negative anfertigen. So können wir also das Bild genau so sehen, wie Stuart Dryburgh (der übrigens auch den wunderbaren Walter Mitty auf fantastische Weise festgehalten hat) sich es gedacht hatte. Angelehnt an erste Farbbild-experimente aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ist das Bild je nach gewünschter Wirkung unterschiedlich gefärbt.

    Gekonnt verflechtet Dryburgh mal blau-gefärbte und platt gefilmte regnerische Djungel Tristesse, mal in warme farben getauchte Aufnahmen von Hunter samt Rembrandt-Licht mit dem jeweiligen Gefühlsleben von Ada. Dabei erfolgen die mitunter abrupten Wechsel zwischen knotigen Pflanzen und Nahaufnahmen von Händen und Details doch immer so, dass ein in sich stimmiges Gefühl behalten wird. Großes Kino!


    Ton: 7/10 (englisch DTS HD Master) - Ausnahmsweise greife ich nicht höher ins Regal, allein der Score von Michael Nyman wäre es eigentlich wert gewesen. Die drängend-traurigen Pianomelodien - darunter "The Heart Asks Pleasure First" als erster Titel des Soundtracks - dürften nicht wenige nach den ersten Tönen eindeutig zuordnen. Holly Hunter, alias die stumme Ada, spielt alle Klavierstücke selbst und drückt auf diese Weise ihr Gefühlsleben aus. Gut, dass es hier keine Double-Experimente gegeben hat, der Film gewinnt ungemein dadurch dass man sieht, dass sie wirklich spielt.

    Vom zauberhaften Soundtrack abgesehen sind Stimmen und Geräusche klar verständlich, aber auch extrem frontlastig, eine Surroundkulisse gibt es nur sehr dezent. Okay für einen Film, der in Stereo in die Kinos kam, doch in vielerlei Hinsicht hätte sich ein Mehrkanalton hier angeboten. Sei's drum - die Dynamik ist prima, keine Verzerrungen. Der Ton lebt hier von der Musik, und die ist allemal seufzerschön.

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