Baby Driver
Gestern abend hatte ich Bock auf was Fluffiges und so ist, nach einem kleinen Päuschen, Baby Driver mal wieder durchs Kino gefegt. Edgar Wright hatte seinen Film über den Fluchtwagenfahrer über zwei Jahrzehnte in der Mache und Mann, das hat sich echt mal gelohnt. Schnallt euch besser an ...
Baby (Ansel Elgort) hat kein einfaches Leben. Als Kind hat er seine Eltern, vor allem seine Mom, bei einem Autounfall verloren. Seit diesem Unfall hat er einen Tinnitus, den er praktisch permanent durch Musik übertönt - die zugleich eine Art Anker in seiner Welt bildet. Er schlägt sich mehr oder minder durchs Leben, hat aber in der Vergangenheit versucht dem Gangsterboss Doc (Kevin Spacey, leider etwas farblos) eine Karre mit Diebesgut zu klauen. Seitdem muss er seine Schulden bei Doc abbezahlen und ist bei jedem Ding, das Doc mit wechselnden Crews dreht: Baby Driver.
Eigentlich ist Baby ein guter Kerl, der nur unfreiwillig mitmacht. Die Gaunergruppen werden immer schräger - etwa das Pärchen Buddy (Jon Hamm) und Darling (Eiza González) - und leider auch immer gemeiner. Genial gruselig: Jamie Foxx als Bats. Baby achtet darauf dass niemand zu Schaden kommt - aber irgendwann passiert es dann doch und die Dinge nehmen ihren Lauf. Nicht ganz - um das Ganze zu würzen, verliebt sich Baby in die Kellnerin Deborah (Lily James) und versucht sie in sein Leben hinein, und Doc hinaus zu bekommen.
Um den vermeintlich negativen Punkt schnell abzuhandeln, die Gangster sind cartoon-artige Abziehbildchen und doch arg eindimensional gezeichnet. Allerdings geht es nicht so sehr darum, welche Geschichte erzählt wird - die Geschichte und ihre vielen Versatzstücke sind ja durchaus ein beliebter Stoff für die Leinwand. Sondern, es geht darum wie die Geschichte erzählt wird.
Ton: 10/10 (englisch TrueHD) - Hier ist kein Absatz flöten gegangen, es geht ausnahmsweise mit der Tonwertung weiter. Edgar Wright nimmt seine Geschichte als Vehikel um eine Art Road-Musical zu erzählen. Keine Angst, hier wird nicht gesungen, doch der famose Soundtrack nimmt eine, wenn nicht die, Hauptrolle im Film ein. Es gibt kaum eine Szene, die nicht mit Musik untermalt ist, ganz so wie sie aus Babys iPods ertönt.
Jede Szene hat ihren eigenen Stil und wird durch den rockigen Soundtrack vorangetrieben, durch softere Stücke unterstützt, durch jazzig angehauchte Melodien beschwingt. Damit nicht genug, der Ton macht im ganzen Kino Dampf und erschallt ebenso großartig räumlich wie die vielen Verfolgungsjagden in Auto oder zu Fuß. Reifenquietschen, Explosionen, Straßenlärm - Babys Tinnitus - alles 1a abgemischt und mitunter in brachialer Dynamik ins Kino gedrückt. Hier lohnt es sich, viele Schallwandler im Raum zu haben.
Bild: 7/10 - Und damit nicht genug, der wirkliche Pfiff liegt darin, dass ausnahmslos jede Szene perfekt auf die Musik geschnitten ist. Und das meint nicht nur hier und da mal einen Schnitt, sondern verdammt viele Schnitte. Alleine eine der letzten Szenen auf der Brücke --
als Baby und Deborah gestellt werden, Baby sich ergibt und aus dem Auto steigt. Und passend zum Takt die Blickwinkel wechseln, im rechten Moment zur passenden Textzeile auf seine Hände geschnitten wird, als er sich ergibt. Irre!
Und während es in manchem Film ein netter Gag ist, wenn mal ein Türenschlagen oder ein Schuss passend zur Musik ertönt, ist es hier die Essenz des Films, dass sämtliche(!) Schüsse und Geräusche zur Musik passen. Und das dazu noch so gut, dass es einem gar nicht zwingend auffallen muss. Dazu eine großartige one-Shot Sequenz nach der Eröffnung... hier waren Künstler am Werk und wer abseits von Geschichte und Technik Spaß an der Umsetzung hat, kann hier ein rund zweistündiges Lehrstück erleben, was an Perfektion kaum zu überbieten ist. (die drei Oscars für Ton und Schnitt gingen in diesem Jahr leider alle an Dunkirk, verdient hätte Baby es allemal, er hat die BAFTAs eingeheimst).
Das Cinemascope Bild der UHD selber kommt übrigens relativ unspektakulär daher. Kontraste gehen in Ordnung, aber weder ist das Bild wirklich krachscharf, noch krachbunt, noch mit Hammer HDR Sperenzchen gespickt. Das ist aber okay, denn was man hier zu sehen bekommt, schlägt eindeutig das wie. Ich will ja glatt schon wieder anfangen von der Choregraphie der einzelnen Szenen zu reden, aber herrjeh, Filmfreaks, schaut euch den Streifen doch einfach selber an