Fragen
Gibt es einen klanglich hörbaren Unterschied zwischen Receiver und separater Vor-/Endstufe?
Mein >15 Jahre alter Marantz SR9600 Receiver hatte nicht den Hauch einer Chance gegen egal welchen Testkandidaten. Die separaten Endstufen boten von allem mehr. Dazu sei erwähnt, dass die Marantz ja traditionell eher warm und sanft abstimmt sind. Inwiefern das auch für die eingebauten Endstufen des SR9600 gilt vermag ich nicht zu beurteilen, ebenso wenig welche klanglichen Fortschritte es im Verstärkerbau in den letzten Jahren gegeben hat. Ich persönlich gehe ohne weitere Anhaltspunkte davon aus, dass grundsätzlich ein klanglich hörbarer Unterschied zwischen Receiver und separater Vor-/Endstufe besteht.
Klingen Endstufen unterschiedlich?
Ja.
Wie hoch fallen die Klangunterschiede von Endstufen aus?
Alle Klangunterschiede die ich beschrieben habe sind nur meine eigenen Hörerfahrungen, die ich mit gezieltem Hören in einer vordefinierten Testumgebung erlangen konnte. Möglicherweise sind diese Unterschiede in einem Hörraum mit anderen Ohren überhaupt nicht wahrnehmbar. Ich bezweifle, dass ich in der Lage bin die Unterschiede im Filmbetrieb wahrzunehmen. Den klaren Klangcharakter eines digitalen Hypexmodules hört man schon heraus wenn man kann und möchte. Vielleicht auch noch den "perlenden" Grundcharakter der Arcam, vielleicht auch die körperhafte Darstellung der Rotel. Aber klingt da was besser? Wohl kaum. Bei hohen Lautstärken sind die Unterschiede marginal, wenn überhaupt hörbar.
Wieviel Leistung brauche ich?
Die Emotiva Stereo (AB) hat die geringste Leistung und spielte bei hohen Lautstärken unmerklich nicht ganz so kontrolliert. Ansonsten kann ich aber die Verstärkung für alle Endstufen mit den Arendal Lautsprechern ohne Klangbeeinträchtigung so aufdrehen, dass es in meinen Ohren schmerzhaft ist. Entscheidend ist doch nicht nur die Wattzahl an sich, sondern auf wievielen Kanäle (1-7) bei welcher Last (8/6/4 Ohm) bei welchem Signal (Vollbereich 20-20k Hz oder 1kHz Sinus) die Messwerte erfasst wurden. Die interne Verstärkung der Endstufen (25,6 bis 29dB) ist genauso unterschiedlich wie der Wirkungsgrad der angeschlossenen Lautsprecher. Welche individuelle Lautstärke soll bei unterschiedlicher Entfernung erzielt werden? Diese Diskussion führt doch zu nichts. Vielleicht wäre es eher hilfreich die Anzahl und Bauqualität der Transistoren auf ihre Laststabilität hin zu überprüfen? Angaben zur Slew Rate sind herstellerseitig auch sehr rar gesät.
Lohnt es sich für besseren Klang eine neue Endstufe zu kaufen?
Wenn du schon eine Endstufe hast: nein. Wenn du keine Endstufe hast und mit deinem Receiver zufrieden bist: nein. Wenn du keine Endstufe hast und mit deinem Receiver unzufrieden bist: nein, gehe erst andere Sachen wie Raumakustik, Aufstellung und Lautsprecher an. Wenn du ein durchdachtes Konzept sowie ein passend kalkuliertes Budget zu deinem Heimkino hast: ja kann man ggf. mal drüber nachdenken.
Welcher Preis ist fair, mit welchen Anschaffungskosten muss ich rechnen?
Am preisgünstigsten in meinem Testvergleich ist die Iotavx. Mit sieben soliden leistungsstarken Kanälen kann man nicht viel falsch machen. Es geht kaum günstiger, aber teurer geht immer. Ich behaupte mal, dass Endstufen in der gesamten Heimkino-Wiedergabekette höchstens zu 5% an der Wiedergabequalität beteiligt sind. Der Rest ist das gesamte Konzept bestehend aus Raumakustik, Aufstellung, Quellmaterial, Lautsprecherauswahl, Hörplatz und Vorstufe mit Einmessung. Nehmen wir an du benötigst zwei Mehrkanal-Endstufen, die je 1500€ kosten. Dein Gesamtbudget sollte dann bei 60.000€ liegen. Liegt dein Budget darunter, sollte der Wunsch nach separaten Endstufen nicht unbedingt an erster Stelle stehen. Handeln Heimkino-Enthusiasten immer rational? Mehrkanal-Endstufen sind ein Nischenprodukt, der Massenmarkt besteht nunmal aus Receivern und ja: auch damit kann man verdammt viel Spaß haben. Dein Heimkino-Händler deines Vertrauens berät dich gerne.
Welches Verstärkerkonzept überzeugt mehr: Class G oder Class H?
Class G und H Schaltungen nutzen je nach Last unterschiedliche Spannungen. Das soll sowohl den Stromverbrauch verringern als auch ein besseres Rauschverhalten begünstigen. Ich hoffe meine Worte geben das so halbwegs korrekt und verständlich wieder. Arcams Class G Endstufen sind bei niedriger Spannung im Class A Betrieb. Das mit dem Stromverbrauch ist damit zwar wieder hinfällig, vom Klang her ist die Arcam aber im Testumfeld einzigartig faszinierend. Ich habe immer gerne mit der Endstufe gehört. Bei Emotivas Monoendstufen in Class H konnte ich keine Vorteile des Verstärkerkonzeptes hören. Insofern gilt: beide klingen für mich gut, Arcams Class G für mich aber hörbar besser.
Ringkerntrafo oder Schaltnetzteil?
Ich kann keinen wahrnehmbaren klanglichen Unterschied feststellen.
Wie vergleichbar sind die Emotiva Mono-Endstufen (H) mit der Iotavx?
Auf Bildern des Gehäuseaufbaus sowie Bildern der inneren Platinen lässt sich eine gewisse Ähnlichkeit nicht abstreiten. Auch ältere Geräte der Firma Tonewinner weisen viele Gemeinsamkeiten auf. Klanglich gehen beide in eine ähnliche Richtung. Eher etwas kräftiger mit Punch, dafür fehlt beiden etwas Feinschliff.
Gehört digitalen Endstufen die Zukunft?
Da sollten wir uns nichts vormachen, das wird früher oder später so kommen. Die Hypex ist gerade bezüglich der Feinauflösung in hohen Tonlagen unvergleichlich besser als alle anderen Testkandidaten. Die Kontrolle im Bass ist auch auf einem sehr hohen Niveau, die Hypex spielt aber "schlank" auf. Für meinen Hörgeschmack sind die NCore NC250MP Module nicht ganz ausgewogen und konnten mich emotional nicht mitreißen. Man denke jetzt aber mal grundsätzlich an die Vorteile von Class D Endstufen wie Leistungsangaben, kompakte Bauform, potentiell niedriger Stromverbrauch und geringe Wärmeentwicklung... daran führt im professionellen Bereich schon jetzt kein Weg mehr vorbei, der Consumermarkt zieht hier schon nach.
Warum hast du meine Endstufe nicht getestet?
Grundsätzlich wären zum Zeitpunkt des Tests noch die Marantz MM7055 5-Kanal-Endstufe und die Marantz MM8077 7-Kanal-Endstufe verfügbar gewesen. Da ich mal etwas anderes wollte und sie mir persönlich mit dem Bullauge optisch nicht zusagen, konnte ich auch den Mehraufwand eines Vergleichs sowie den Kostenfaktor insgesamt nicht rechtfertigen. Nach der positiven Erfahrung mit den Stereo (AB) Module der XPA-Serie wäre die BassX-Serie von Emotiva auch interessant gewesen. Da eine Leihstellung nicht möglich war sowie ich den Vergleich nicht unnötig in die Länge ziehen wollte, habe ich darauf verzichtet. Die Yamaha MX-A5200 passt nicht in mein Heimkino-Konzept. Die Rotel RMB-1585 ist zu groß dimensioniert. Das gilt auch für die NAD M28 sowie Geräte von Stormaudio und Trinnov, welche in einer anderen Preisklasse unterwegs sind. Ansonsten hätte ich auf amerikanische und kanadische Firmen zugreifen müssen (Anthem, Monoprice, Outlaw Audio), diese sind hier aber wenn überhaupt nur schwer verfügbar. Der Massenmarkt wäre damit abgesteckt, oder!?
Machst du noch mehr Hörvergleiche?
Ja bitte immer gerne. Mir macht sowas sehr viel Spaß. Ich stelle gerne meine Elektronik sowie Lautsprecher der Arendal 1961 Serie einem Vergleich zur Verfügung. Bei Interesse einfach melden. Muss nur mal das Heimkino auch fertig bauen...
Zum Schluss: welche Endstufe ist es denn geworden?
Im Verlaufe der Heimkino-Planung und Erfahrungen mit unterschiedlichen Aufstellungen und Tonformaten habe ich mich für ein 9.1.6-Atmos-Layout entschieden. Klanglich bin ich der Arcam sehr verbunden, die Endstufe "perlt" so schön. Für meine 15 Kanäle würde ich dann aber drei Endstufen brauchen, was bei der Arcam den Preisrahmen sprengt. Die Bauqualität, das unzureichende Kühlkonzept sowie die mangelnde Verfügbarkeit auf dem Gebrauchtmarkt haben mich von einem Kauf abgehalten. Die Iotavx sowie die Emotivas passen von der Konfiguration und der klanglich kräftigen Ausrichtung nicht in mein Konzept. Getestet hatte ich dann die Hypex Module mit zwei 8-Kanal-Endstufen. Leider hatte ich damit Probleme mit dem Einschaltstrom sowie Störgeräuschen. Mein Heimkino ist relativ schmal (3,4m), ein störfreier Betrieb ist mir daher wichtig und erhöht die wahrgenommene Einhüllung und Durchzeichnung. Schlussendlich hat mich die flüsterleise Rotel RMB-1555 mit ihrem Kühlkonzept und Bauqualität auf Anhieb überzeugt. Bei der Bühnendarstellung, der Lokalisation und dem Timing ist alles da. Der Bass ist für mich die richtige Mischung aus Kraft und Konturierung. Die weichere sanftere Höhenwiedergabe kann ich für den Kinobetrieb verschmerzen, da mich die Rotel Endstufen mit ihrem körperhaften Klangcharakter immer sofort in ihren Bann ziehen. 