Fragen zur Frequenzweiche und PA Entzerren für einen angenehmen Klang

  • Liebes Forum,


    zur Aufwertung meiner PA für Garten- und Garagenpartys liefen mir neulich 2 Yamaha C115V über'n Weg. Beim ersten Test klang eine Box extrem schrill und auch anders als die andere. Da war ein 10W 8 Ohm Widerstand in Serie zum Hochtöner durchgebrannt. Nach Tausch gegen einen alten den ich noch irgendwo hatte klang es schon deutlich besser (Elkos und Widerstände zum kompletten Tausch der Frequenzweichen sind bestellt). Aber ich bin halt an Studiomonitore gewöhnt. "Aufwertung" ist auch sehr relativ zu sehen. Vom Klang ist es ein deutlicher Rückschritt und was ich jetzt schon hab wir eigentlich auch nie völlig aufgedreht, meist sind eben auch Frauen anwesend. Aber mit der neuen PA wäre ich halt zweifellos der lauteste im Block und Haben ist besser als Brauchen :-)))


    Nun versuche ich die Teile per EQ zu entzerren. Der Powermixer der mitkam (yamaha emx860st) hat einen 1 Oktav, 7 Band graphischen Equalizer. Falls das nicht reicht, Dosenmusik wird immer vom PC zugespielt und da läuft der sehr mächtige PEACE Equalizer. Bei Mikrofonen und live Instrumenten ist der Klang der Boxen nicht wirklich limitierend ;-) Der Amp ist auch eher zu klein mit 2 mal 135 Watt an 8 Ohm, Tests mit einer gebrückten Inuke 6000 - 4 klangen bei hohem Pegel merklich entspannter.


    Meine Messversuche mit REW haben mich leider noch nicht richtig weitergebracht. PA und Mikro auf Ständern im Wohnzimmer bringt schon mal garnix, die Raumeinflüsse sind einfach zu dominierend. Also den Kram im Garten aufgebaut und die Nachbarschaft mit Sweeps genervt. Messungen im Abstand von 1 bis 5 Metern bei unterschiedlichen Höhen zeigen aber immer noch eine ausgeprägte Welligkeit, welche sehr abhängig von der Mikroposition ist. Für meinen Anwendungsbereich sind die Boxen natürlich auch etwas zu groß und der Hörabstand sollte besser etwas weiter sein. Den Platz habe ich aber nicht. Am realistischsten scheint mir der tatsächliche Frequenzgang der Boxen auszusehen, wenn Nahfeldmessungen von Tweeter und Woofer summiert werden. Dann sind zumindest Raumeinflüsse weitgehend raus. Allerdings gibt es immer noch massiven Bleed zwischen den beiden zu summierenden Chassis, der Einfluss des Gitters ist mir unklar und- was ich garnicht beurteilen kann - wie repräsentativ ist die Nahfeldmessung von so einem großen Horn?


    So soll der Frequenzgang gemäß Service Manual aussehen:




    Nun ein paar Fragen


    Wie kann man mit haushaltsüblichen Mitteln eine aussagekräftige Messung des Frequenzganges machen? Nah, weit, am Boden, mehrere Messungen mitteln, mit dem Mikro wedeln?


    Welche Zielkurven und bei welchen Schalldruckpegeln klingen angenehm?


    Wie genau sollte man bei der Entzerrung sein? Reicht eine Oktave Bandbreite oder können auch schmalbandige Fehler deutlich hörbar sein? Reicht +- 3 db Genauigkeit?


    Welche erfahrung habt ihr in der Praxis mit PA für kleine Events und Venues?

  • Hallo,

    Für div. Garten Events habe ich div. Teile genutzt aber bisher war da noch nie der Wunsch nach einer anderen/besseren Entzerrung als out-of-the Box.


    Aber wie würde ich vorgehen:

    Box am Boden legen und Mirko relativ weit weg (was mit dem Stativ geht 2m?) darüber platzieren.

    Dann hat man über 500Hz m.o.w. Freifeld. Das sollte ja dann den Herstellerangaben entsprechen.

    Halbwegs linear einstellen per (P)EQ. Kommt drauf an was man jetzt an Filter zur Verfügung hat, manuell würde ich aber bei 1/3Oktav Glättung zumindest +-1dB anstreben.


    In Situation kannst du unter 200...500Hz relativ strikt das was am Hörplatz ankommt entzerren.

    Im Garten wird es bis auf den Boden und ggfs. einer Hauswand keine weiteren Begrenzungsflächen geben. Die etwaigen Löcher durch diese Refelxionen Löcher sein lassen, oder umstellen.


    Das zusammen sollte dann schon halbwegs passen. I.d.R. wird dann aber ähnlich wie bei einem DBA der Bass eher dünn sein.

    Aber eine Geschmackskurve kann man ja immer drüber legen da würde ich mich dann an Harman Kurven orientieren, je nach Publikum durchaus die für "unerfahrene" Hörer.


    mfg

  • rumpeli

    Hat den Titel des Themas von „PA Entzerren für einen angenehmen Klang“ zu „Fragen zur Frequenzweiche und PA Entzerren für einen angenehmen Klang“ geändert.
  • Hallo,


    wie oben beschrieben habe ich nun ein paar suspekte Teile der Frequenzweiche ausgetauscht, nämlich den 15 uF Elko und die beiden Widerstände. Ein R2 war ja durch gebrannt und ein Elko schon aufgebeult, deshalb.


    Hier sind drei Messungen einer Box auf dem Boden liegend, im Wohnzimmer.

    blau - original Weiche

    grün - nach Wechsel von C1, R1 und R2

    rot - neue Teile aber Woofer ander rum gepolt


    Laut Spec trennt die Frequenzweiche bei 1,7 kHz.

    Für mich sieht die original Weiche blau noch am besten aus

    Mit den neuen spielt der Hochtöner ca. 6 - 8 db lauter. Deutet das auf zu kleine Widerstände hin?

    Weil der Frequenzgang grüne Kurve da etwas wellig aussieht habe ich aus Spaß mal den Woofer verpolt, also die Anschlüsse am Tieftöner getauscht und die rote Kurve aufgenommen. Wieso sieht die zwischen 1 und 2 kHz deutlich besser aus?


    Ich glaube, ich habe mich da in etwas verrannt.

  • Ich kann mir durchaus vorstellen dass einige pa Speaker ansteigend abgestimmt sind, da die Höhen auf weitere Entfernungen schneller leiser werden oder eh aktiv entzerrt werden und so die Widerstände kleiner bleiben, also auch weniger Abwärme produziert wird.


    Dass die Übergänge bei den meisten pa speakern nicht sauber funktionieren liegt oft am zeitversatz der tiefen Waveguides und des tieftöners. Das hat mich bei der cm12 auch einiges an Nerven gekostet.

    auch gewerblich als User "Speaker Base" unterwegs

  • Gerade bei der blauen Kurve, also der :originalen' , sehe ich allerdings a d ersten Blick eigentlich nichts, dass dieses ' nerven' erklären würde ..

  • So, inzwischen bin ich glücklich und schildere gerne die Erkenntnisse.


    Der aus meiner Sicht verbesserungswürdige Klang kam von einer defekten Frequenzweiche. Nach Ersatz der defekten Bauteile klingen beide Boxen gleich. Ein Lastwiderstand R2 war total durchgebrannt, der andere R1 hatte 9,6 Ohm anstatt dem Nennwert von 8,2 Ohm. Mir war bislang nicht klar, dass der Verschleiß von Lastwiderständen sich auch schleichend äußern kann. Genau so beim Elko C1, der über 19 uF hatte bei 15 uF soll. Alle diese Werte wurden mit einem günstigen Multimeter gemessen. Die Bauteile der anderen Weiche zeigten ziemlich genau die Werte mit denen sie gekennzeichnet waren.


    Open Sound Meter ist ein Real Time Analyzer mit 2 Kanälen - eine gute wirklich Software. Um den Frequenzgang der Lautsprecher in einem Raum mit Schallreflexion zu messen eignet er sich meines Erachtens besser als das von mir schon seit Jahren verwendete Room EQ Wizard.



    Sehr praktisch ist dabei die "Coherence" Ansicht des Messsignals, mit der dessen Gültigkeit bewertet werden kann. Interferenzen zwischen Chassis im Nahfeld, Reflexionen, Raummoden führen zu einem Messsignal, welches nicht repräsentativ für den Frequenzgang des Lautsprechers ist. Mir war das völlig neu, unten im Post eine evtl. leicht verständliche Erklärung, die deutschen Texte zum Thema steigen immer gleich in die Mathematik ein und schienen mir daher eher schwerer nachvollziehbar.


    Also, mit Open Sound Meter und diesem Video Tutorial kam ich wirklich schnell klar. Der Kanal hat auch eine gute 30min Übersicht über die gesamte Software. Das half mir ein geeignete Mikrofonposition zu finden und tatsächlich auch nur den unter den Messbedingungen tatsächlich messbaren Frequenzbereich auszuwerten.



    DIe C115V misst sich dann tatsächlich so ähnlich wie von Yamaha publiziert. Lediglich der Hump bei 8 - 13 kHz ist gemäß meiner Messung so ca. 3 db stärker ausgeprägt. Mit dieser beruhigenden Erkenntnis gelang es mir dann auch leichter per GEQ einen wirklich akzeptablen Klang des Systems hinzubekommen.


    Vielen Dank an alle aktiven Teilnehmer hier im Thread, für mich ist der Fall erst mal erledigt.


    BEste Grüße

    rumpeli






    ...coherence explained without going hard into the math, so here we go.

    1) Coherence is a statistical metric: It monitors the extent of the variation in the data sampled. Therefore, first and foremost we must have multiple samples. In FFT terms this means were are “averaging” the data. If we have at least two samples, we can statistically evalaute the averge amplitude and phase values and the deviation between the individual samples. An average amplitude value of +6 dB could be the product of two nearly identical – or vastly different samples. The coherence value indicates (inversely) the extent of the devation between the average and the individual samples. Low deviation= high coherence and vice versa

    2) The deviations between the samples that degrade coherence can be EITHER amplitude or phase or BOTH. Most factors affect both. Examples of this are wind, ambient noise, reverberation, a change in a filter setting.

    3) There are some factors that degrade coherence continually and some that degrade it only for a limited time. Continual degradation is caused by the summation of the original signal with a relatively short delayed copy (the most obvious example is an echo). The comb filtering results in a series of peaks and dips in both amplitude AND coherence. Variable degradation comes from non-correlation sources such as ambient noise. ....https://bobmccarthy.com/interpreting-coherence-on-the-fft-analyzer/

  • Die Kapazitäten sollten mit zunehmendem Alter eher kleiner werden. Dass die Widerstände verschleißen, kenn ich bisher auch nicht, aber schön, wenn du nun zufrieden bist :)

    auch gewerblich als User "Speaker Base" unterwegs

  • Ich kapier' selbst nicht und möchte auch nicht 100% einen Messfehler auf meiner Seite ausschließen. Alle gemessenen Bauteile waren natürlich ausgelötet und dich benutze so ein ca. 20 EUR Multimeter. Die Kapazität von dem ausgebeulten Elko war deutlich höher, genauen Wert hab ich nicht notiert und nicht im Kopf. Dito der Lastwiderstand.


    Was man aber mitnehmen kann, Vorsicht bei passiven Lautsprechern, die mehrere 100 Watt abbekommen.

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