Die Schwiegermutter war zu Besuch, die selbst Musiklehrerin ist und da wollte ich mal einen meiner Lieblingsfilme präsentieren. Da sich in dem Zuge nochmal meine Bewertung geändert hat, hier ein kurzer Bericht:
Whiplash - (2014, BR, DE)
Ton:
Ausnahmsweise mal auf deutsch, was das Erlebnis etwas geschmälert hat. Ich werde mir in einer ruhigen Minute die Solos nochmal auf englisch anhören und dann eine Note geben. So eher durchschnittlich. Hohe Sprachverständlichkeit, guter Surround, aber keine wirkliche Tiefe.
Zum Glück waren die deutschen Synchronsprecher (ich finde das Wort Voice Actor viel passender) sehr gut, sodass hier nicht viel unter den Tisch fällt.
Bild: 6/10
Der Film ist bildlich fantastisch erzählt, hat extrem schöne Einstellungen und ist super subtil. Aus rein technischer Sicht (Schärfe, Farbe, Kontrast) aber eher sachdienlich.
Film: Änderung 9->10/10
Der Film hat mich nach guten 2 Jahren Pause, und zum ersten Mal im eigenen Filmpalast nochmal richtig aus den Latschen gehauen.
Ich könnte jetzt über 100te Zeilen über die Dinge schreiben, die mich beeindruckt haben, aber am
Besten erlebt man es einfach für sich selbst.
Der Film hat quasi keine Schwächen für Mich. Diese extrem Dichte und Reichhaltige Geschichte, mit sehr tiefgängigen Charakteren wird so kurz und knapp erzählt wie es nur möglich ist, und lässt doch nichts aus. Viele Dinge werden nicht erwähnt, sondern bleiben implizit. Die Leistung aller Schauspieler, jeder Dialog, jedes Bild hat einen Grund warum es da ist und es gibt bei mehrmaligem Schauen immer wieder Neues zu entdecken.
Man merkt hier, dass dieses wichtige Thema Damien Chazelle persönlich bewegt und daher extrem viel Leidenschaft und Emotionen in den Film geflossen sind.
Der gesamte dritte Akt ist für mich ein absolutes Meisterwerk:
- als Andrew sich nach seinem Rauswurf wieder auf einen Auftritt vorbereitet sehen wir keine redundante Trainings-Montage, wo man sieht wie viel er arbeiten musste, sondern nur dass er wieder Pflaster an den Fingern trägt. Viel stärker mMn!
- auch kommt der Film komplett ohne blödsinnigen Kitsch aus. Terrence muss nicht sagen „du bist der beste Musiker, den ich je gesehen habe“. All das geht aus den Bildern hervor und kommt auch erst nach Unmengen harter Arbeit. Musik ist zwar auch Talentbedingt, aber Vor allem Üben, Üben, Üben. Terrence wird viele gute Musiker vorher gesehen haben, aber war enttäuscht von deren Arbeitseinstellung. In Andrew sieht er am Ende des Films zum ersten Mal etwas anderes.
- besonders stark ist auch, dass seine Ex-Freundin ein Leben ohne ihn gefunden hat, dass er seinem Vater das nachhausegehen ausschlägt und doch am Ende das Gefühl von Erfolg verspürt. Ihm ist das Ansehen seines Peinigers mehr wert als das der Leute, die ihn lieben. Nicht nur passt das extrem gut zu der Rolle eines fanatischen Perfektionisten, sondern auch sehr gut in eine gewalttätige Liebesbeziehung.
- die Dinner Szene wurde teilweise als „Füllmaterial“ abgetan, was ich wirklich ganz anders sehe. Nicht nur ist sie sehr witzig und zeigt sehr gut die Beziehung, die seine Familie zum „Trommeln“ hat und wie wenig Wertschätzung ein Musiker in einer Sportlerfamilie erfährt (eher oberflächlich).
Sondern viel spannender ist es auch als foreshadowing für nach dem Ende zu verstehen. Andrew ist erfolgreich. Eben sein Verständnis von erfolgreich, also so wie Charlie Parker. Er ist ein großartiger Jazz-Musiker, aber er ist allein und lebt in einem Selbstbildnis, in dem nur absolute Perfektion (und diese wird von seinem Peiniger bewertet) zu Glück führt. Sein Leben wird wohl ähnlich wie das das Charlie Parker werden.
mit einer 8,5 bei IMDB ist der Film sicher alles andere als ein Geheimtipp, aber ich kann ihn trotzdem jedem empfehlen. Ich selbst habe nichts mit Musik am Hut (außer dass ich gerne Musik höre) und bin hin und weg.
Für mich auch in dem Mega-Film-Jahr 2014 (Interstellar 10/10, Mommy 9,5/10, Birdman 8,5/10, Nightcrawler, Ex Machina … ) nochmal ein besonderes Highlight!