Akustisch transparente Leinwand & Center hinter Leinwand oder akustisch nicht transparente Leinwand & Doppelcenter?

  • Vorbemerkungen


    Für den Fall akustisch nicht transparente Leinwand diskutiere ich nur die Variante Doppelcenter.

    Andere Möglichkeiten sind ein Center oberhalb oder unterhalb der Leinwand sowie Phantomcenter L&R, die hier jedoch nicht Thema sein sollen.


    Ein Sonderfall, der hier ebenfalls nicht diskutiert werden soll sind RGB Laser Projektoren, die aufgrund der Speckle Problematik eine geeignete Leinwand oder andere Maßnahmen erfordern (z.B. Vibration der Leinwand).



    Akustisch transparente Leinwand & Center hinter Leinwand


    In den meisten Heimkinos im Forum kommt eine akustisch transparente (AT) Leinwand zum Einsatz.

    Nur damit ist es möglich den Center und die Front Links und Front Rechts Lautsprecher hinter der Leinwand aufzustellen.

    Diese Vorgehensweise bietet mehrere Vorteile.


    > Einfach umzusetzen:

    Man benötigt nur einen Center Lautsprecher und es sind keine besonderen Absorptionsmaßnahmen für den Center erforderlich.

    > Keine Beschränkungen bei den Lautsprecherabmessungen:

    Hinter der Leinwand ist genügend Platz so dass der Center z.B. auch ein vorteilhaftes Hochkantformat aufweisen kann.

    > Keine Phantomcenterartefakte und funktioniert für alle Plätze gleichermaßen:

    Da nur ein Lautsprecher den Centerton wiedergibt treten keine potenziell nachteiligen Interferenzeffekte auf, wie sie bei Verwendung mehrerer Lautsprecher auftreten (können).

    Daher funktioniert ein "Center hinter Leinwand" unabhängig ob die Plätze außermittig oder auf verschiedenen Ebenen sind vergleichbar gut.

    > Punktuelle Lokalisierung:

    Dieser Punkt ist eine Geschmacksfrage. Wenn man eine sehr punktuelle Lokalisierung des Centertons bevorzugt dann ist dies nur mit einem "Center hinter Leinwand" zu erreichen.


    Den Vorteilen steht ein Nachteil entgegen - je besser die akustische Transparenz ist, desto größer sind die Einbußen im Hinblick auf die Bildwiedergabe:

    > Geringeres Rückstrahlvermögen (Gain)

    > Verlust an Bildschärfe

    > Ggf. inhomogeneres Bild


    Im Vergleich zur Referenzfolie Stewart ST100 (nicht perforiert) gelten folgende Anhaltspunkte:

    - Feingewebetücher (z.B. Dream Screen UW V6): Gain - 25...40%, geringere Abbildungsschärfe, gute akustische Transparenz (etwas schlechter als Lautsprecherbespannstoff)

    - Gewebetücher (z.B.Centerstage XD): Gain - 10...20%, etwas geringere Abbildungsschärfe, teilweise weniger homogener Bildeindruck aufgrund von Gewebeinhomogenitäten, mittlere akustische Transparenz

    - mikroperforierte Folien: Gain - 0...10%, Schärfe =, bei geringeren Abständen unruhiges Bild (ich sehe diesen Effekt bis ca. 4 m Abstand, siehe Zitat), mäßige akustische Transparenz




    Akustisch nicht transparente Leinwand & Doppelcenter


    Diese Variante ist hier im Forum selten vertreten und besitzt daher einen gewissen Exotenstatus.

    Die meisten werden bisher daher keine solche Installation gesehen und gehört haben.

    Da diese Variante bestimmte Vorteile hat will ich sie hier einmal diskutieren und daraus ableiten, für wen diese Option möglicherweise doch die bessere ist.


    Die Vorteile sind naturgemäß, dass die Nachteile der Option "Center hinter Leinwand" nicht auftreten.

    D.h. mit einer NAT Folie erhält man die beste Lichtausbeute, die höchste Bildschärfe und ein homogenes Bild.


    Hier als Beispiel ein Erfahrungsbericht:


    Zu Zeiten des TW9000 hatte ich eine AT-LW von Screen-Research (gewebtes Tuch) mit den LS hinter Leinwand. Als ein Bekannter sein HK baute, testeten wir zum Vergleich auch andere Tücher. Ich war erschüttert, um wie viel brillanter und klarer das Bild auf einer planen Folie ausgesehen hat. Als wir dann noch die LS neben die Leinwand stellten war auch Ton wesentlich präzisier – auch nach der Einmessung. Für mich war klar, die AT-LW muss raus.


    Meine Eindrücke aus verschiedenen Vergleichen habe ich in diesem Beitrag beschrieben.


    Für diese - wie ich finde: signifikanten - Vorteile in der Bildqualität mit einer (nicht perforierten) Folie ist jedoch 1) ein gewisser Mehraufwand erforderlich und 2) verbleiben gewisse Nachteile auf der akustischen Seite:


    1) Erforderlich sind

    1a) Zwei Center Lautsprecher (einer oberhalb, einer unterhalb der Leinwand)

    1b) Eine separate Einmessung beider Lautsprecher (Entzerrung, Delay) mittels DSP oder geeigneter Prozessor-Vorstufe

    1c) Eine Behandlung der anliegenden Boden und Deckenreflexionen

    1d) Front L & R ebenfalls außerhalb der Leinwand (daneben oder ggf. weitere doppelte Bestückung oben und unten)


    2a) Kein Lautsprecher im Hochformat möglich (daher bei mir statt des "großen" Aries-M nur zwei kleinere Aries-C Querlautsprecher)

    2b) Der Phantomcenter zwischen den beiden Lautsprechern funktioniert in der Theorie nur auf einer Ebene korrekt (in der Praxis ... siehe weiter unten).

    2c) die Lokalisierung ist weniger punktuell als bei einem einzelnen Lautsprecher.


    Tatsächlich finde ich die akustischen Nachteile - die in der Theorie unbestritten vorhanden sind - in der Praxis sehr überschaubar.

    Im immersiven Filmbetrieb nehme ich sie überhaupt nicht wahr und selbst wenn ich bewusst genau darauf achte ist der Unterschied nur gering und für mich nicht störend.

    Daher sehe ich die Variante NAT-Leinwand & Doppelcenter als die für mich deutlich bessere Lösung an.



    Fazit und Empfehlung


    Als Fazit sehe ich, dass die Variante NAT-LW & DC die bessere Option ist, wenn


    1) keine räumlichen oder finanziellen Randbedingungen dem entgegenstehen und

    2) Bild- und Tonperformance vergleichbar hohe Priorität haben
    oder insbesondere wenn die Bildperformance eine höhere Priorität hat - dann ist diese Option mMn ein Muss.

  • Doppelcenter funktioniert. Auch andere tricks funktionieren.

    Ist das dann aber wirklich kompromisslos? Eher nicht.


    Als ich mich seinerzeit für diese Option entschieden habe war dies eine absolute Außenseiterlösung für die ich von einigen Forenteilnehmern (damals im beisammen Forum) heftig kritisiert wurde.


    Mit mittlerweile mehr als 5 Jahren Erfahrung kann ich für mich feststellen:

    Ich würde das wieder so machen.


    Tatsächlich finde ich die akustischen Nachteile - die in der Theorie unbestritten vorhanden sind - in der Praxis sehr überschaubar.

    Im immersiven Filmbetrieb nehme ich sie überhaupt nicht wahr und selbst wenn ich bewusst genau darauf achte ist der Unterschied nur gering und für mich nicht störend.


    Ergänzend kann ich sagen, dass ca. 80% der Heimkino-Enthusiasten-Besucher keinen Unterschied wahrnehmen.

    Bei ca. 10% passt die vertikale Lokalisierung mit meiner Einstellung Center-top - Center-bottom nicht so gut, das lässt sich durch Anpassung der Pegel so einstellen, dass auch diese Besucher keinen / keinen nennenswerten Unterschied wahrnehmen.

    Ca. 10% nehmen einen Unterschied wahr, z.B. dass die Lokalisierung nicht so gut funktioniert, wobei die Unterschiede als gering bis moderat beschrieben werden.


    Ob sich der Mehraufwand lohnt ist natürlich - wie immer - eine individuelle Entscheidung und abhängig von den jeweiligen Prioritäten und Randbedingungen.

  • Ob sich der Mehraufwand lohnt ist natürlich - wie immer - eine individuelle Entscheidung und abhängig von den jeweiligen Prioritäten und Randbedingungen.

    Unter anderem, wie groß der Nutzen, die Verbesserung beim Bild ist:


    Beim verlinkten Beispiel von Namor, Gewebetuch vs. geschlossener Folie ist der Unterschied sehr groß.

    Zwischen perforierter Folie vs. geschlossener Folie ist der Bild-Vorteil gering (aber vorhanden!) , dafür der Hochton bedämpft, es gibt einen Kammfiltereffekt hinter der LW.

    Bei der aktuellen TV-Diskussion: Akustik-Leinwand, egal ob Stoff oder Folie, vs. Display ist der Vorteil des Bildes riesig.


    Was ich bei Namor und Andy hören konnte, ist die Doppel-Anordnung das kleinste "Problem", ganz im Gegenteil.

    Eher schon: Wie setzt man das Bass-Konzept um?

    Raumhöhe ausreichend für LS oberhalb der LW?

  • Sehr interessant!


    Wie kann ich mir die praktische Umsetzung in Bezug auf die Entzerrung vorstellen, wenn man keinen Boliden von Trinnov oder Stormaudio, sondern einen "üblichen" AVR mit nur einem Center-Ausgang einsetzt?


    Für Auro 3D ist ja die Einbindung eines Center Height möglich, der sich nach meinem Kenntnisstand aber aktuell nicht in Atmos nutzen lässt. Ein Dilemma, wenn man Atmos nativ nutzen will / muss. Beides lässt sich demnach derzeit nicht miteinander verbinden?

    "Remember; no matter where you go, there you are."

  • Weil es für einen selbst oder auch andere super klingt heißt dass das es "perfekt" ist?

    Ich halte mich mit Superlativen zurück, weil die oft übers Ziel hinaus schießen.


    Eine Realschallquelle funktioniert physikalisch aber auch psychoakustisch anders als eine Phantomschallquelle.

    Wenn ein Center als Realschallquelle das Ziel war/ist, dann kann ein Doppelcenter->Phantomschallquelle nicht "perfekt" sein.


    Von den Berichten der Doppelcenter, wer hat denn da noch direkt verglichen?

    Also beide Setups - Doppelcenter + "Real"center aufgebaut und umgeschalten? (Die RA Beeinflussung lassen wir mal beiseite)

    Auch hier wieder in einem passenden Test?


    Ich will damit in keinster Weise sagen, dass es mit Doppelcenter schlecht klingt oder das nicht zufriedenstellend funktioniert.

    Denn das zeigen ja die Berichte, und ich kenne selbst auch Setups die für mich super funktionieren - diese auch besser klingen als andere Anlagen mit "Real"center.



    Bei mir selbst ist es mehr eine emotionale Sache, ich bin weder bereit für einen TV im HK noch für Doppelcenter.

    Mein Bias ist Projektor und Realcenter.


    mfg

  • Eine Realschallquelle funktioniert physikalisch aber auch psychoakustisch anders als eine Phantomschallquelle.

    ... jedoch liegen bei jedem Schallereignis, das nicht exakt auf einen Kanal abgemischt ist, Phantomschallquellen vor.

    D.h. auch mit einem dedizierten Centerlautsprecher gibt es immer wieder Phantomschallquellen im realen Kinobetrieb.


    Im Surroundbereich werden sogar gezielt Arrays eingesetzt um seitliche Abschattungen zu vermeiden, womit automatisch Phantomschallquellen für separat auf den Surroundkanal abgemischte Ereignisse entstehen.


    PS

    Das Ziel ist natürlich, dass Phantomschallquellen und Realschallquellen möglichst identisch klingen und somit bruchlos ineinander überblenden (z.B. bei wandernden Schallsignalen).

  • ... jedoch liegen bei jedem Schallereignis, das nicht exakt auf einen Kanal abgemischt ist, Phantomschallquellen vor.

    D.h. auch mit einem dedizierten Centerlautsprecher gibt es immer wieder Phantomschallquellen im realen Kinobetrieb.

    ..

    Vielleicht habe ich das missverständlich geschrieben. Mir geht es nicht darum dass Phantomquellen ansich "schlecht" sind.

    Sondern eher darum, dass wenn das Zielformat ein Real Center ist, ein Phantomcenter eben nicht "perfekt" ist.


    Es gibt ja auch die Art Umkehrung vom Phantom zu Real ala Trinaural.

    D.h. aus einem 2 Kanal Signal wird ein 3 Kanal Signal mit Real Center (etwas andere Aufstellung L + R) gemacht, das geht sogar analog.

    Hier wird gegenüber dem 2 Kanal Setup von einer Verbesserung berichtet, Stabilität, Sweetspot, Abbildung allgemein,..



    Ich selbst weiß, dass es bei mir eine reine "Kopfsache" ist. Es gibt hier eine grundsätzliche Ablehnung gegen Doppelcenter aber auch das Trinaural.

    Ob ich in einem Hörtest den Unterschied erkennen würde? Wahrscheinlich nicht.


    mfg

  • Warum? Haben wir gerade in einem Projekt so umgesetzt (Doppel-Center mit WaveForming).

    Danke für die Info. Ich dachte, dass der Algorithmus einfach dafür ausgelegt ist, dass es eben den einen üblichen Center gibt.

  • Danke für die Info. Ich dachte, dass der Algorithmus einfach dafür ausgelegt ist, dass es eben den einen üblichen Center gibt.

    WaveForming konzentriert sich ja ausschließlich auf die Subwoofer, die übrigen LS haben damit nichts zu tun. Und die Optimizer-Software in der Trinnov kennt einen Center-2 als LS-Position und berücksichtigt den entsprechend in der Einmessung.

  • Sehr interessant!


    Wie kann ich mir die praktische Umsetzung in Bezug auf die Entzerrung vorstellen, wenn man keinen Boliden von Trinnov oder Stormaudio, sondern einen "üblichen" AVR mit nur einem Center-Ausgang einsetzt?


    Für Auro 3D ist ja die Einbindung eines Center Height möglich, der sich nach meinem Kenntnisstand aber aktuell nicht in Atmos nutzen lässt. Ein Dilemma, wenn man Atmos nativ nutzen will / muss. Beides lässt sich demnach derzeit nicht miteinander verbinden?

    Ich gehe mit dem Center pre out in einen miniDSP.


    Ich lasse Audyssey zuerst mit einem Center alles einmessen und „fummel“ dann mit REW und dem miniDSP bis alles passt.


    Ich habe mit zwei Centern noch keine Nachteile gehört.


    Grüße


    Andreas

  • WaveForming konzentriert sich ja ausschließlich auf die Subwoofer, die übrigen LS haben damit nichts zu tun. Und die Optimizer-Software in der Trinnov kennt einen Center-2 als LS-Position und berücksichtigt den entsprechend in der Einmessung.

    Danke, von WaveForming habe ich keine Ahnung. Ich dachte das arbeitet ähnlich wie ART. Bei ART wird es aber dann vermutlich komplizierter.

  • Ich gehe mit dem Center pre out in einen miniDSP.


    Ich lasse Audyssey zuerst mit einem Center alles einmessen und „fummel“ dann mit REW und dem miniDSP bis alles passt.


    Ah okay!? Ich hatte gedacht man würde erst mit REW und miniDSP die beiden Center zusammen bringen (wobei mir nicht klar ist worauf man da in den Messungen achtet und was man letztendlich anapsst) und würde diesen "Fusionscenter" dann von Audyssey, Dirac, YPAO, .. einmessen lassen. Also ähnlich wie bei einem Bass Array (denke ich).

    "Remember; no matter where you go, there you are."

  • Danke, von WaveForming habe ich keine Ahnung. Ich dachte das arbeitet ähnlich wie ART. Bei ART wird es aber dann vermutlich komplizierter.

    Ich kenne wiederum ART nicht so gut. Aber letztlich sehe ich auch da nicht das Problem, solange man dort einen zweiten Center als dedizierten LS im Layout definieren kann. Dann wird der ja genau so behandelt wie alle anderen LS auch.

  • Bei ART wird es aber dann vermutlich komplizierter.

    Ich kenne "ART" nicht, grundsätzlich profitieren solche Systeme jedoch von einer größeren Anzahl an Lautsprechern, von daher könnte ein Doppelcenter sogar von Vorteil sein.

    Und da große TVs sich weiter verbreiten, dazu auch LED-Walls im High-End Sektor kommen, gewinnt das Szenario Doppel-Center unabhängig von der hier diskutierten Option Nicht-AT Leinwand mit Doppelcenter an Bedeutung.

  • So ein Doppelcenter hat ja kein schönes vertikales Abstrahlverhalten.

    Man kann es zwar auf eine bestimmte Kopfhöhe so einstellen, dass der Direktschall keine Auslöschungen hat, aber sobald man diese Ebene verlässt gibt es Auslöschungen (Kammfilter).

    Da die Center so weit auseinander sind, braucht es auch nicht viel Höhenunterschied damit die erste Auslöschung in den kritischen Bereich gerät.

    Der reflektierte Schall von Decke und Boden hat eine ganz andere Form (kammgefiltert) als der Direktschall.

    Das sind alles Kompromisse. Aber inwieweit der Kammfilter wirklich hörbar und störend ist kann ich nicht beurteilen.


    Gruss

    :sbier:

  • Ah okay!? Ich hatte gedacht man würde erst mit REW und miniDSP die beiden Center zusammen bringen (wobei mir nicht klar ist worauf man da in den Messungen achtet und was man letztendlich anapsst) und würde diesen "Fusionscenter" dann von Audyssey, Dirac, YPAO, .. einmessen lassen. Also ähnlich wie bei einem Bass Array (denke ich).

    Das ist auch der richtige Weg.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!