Gamut vs. Licht

  • Da bei neuen Projektoren immer wieder die Gamutabdeckung besprochen wird und dieser Wert von einigen enorm hoch gehalten wird, wollte ich seit längerem mal untersuchen, wie sichtbar dieser Parameter überhaupt ist. Und das im Verhältnis zu einer höheren Leuchtdichte. Häufig tauscht man ja das eine gegen das andere, indem ein Filter in den Lichtweg geschoben wird. Da von mehr Licht dank Stevens- und Hunt-Effekt alle Farben und sogar Schwarzweißbilder profitieren, würde ich einfach gerne mal wissen, wie viel Licht man gegen mehr Gamut eintauschen kann, bis der Nutzen die Nachteile überwiegt und umgekehrt.



    Die Idee ist einfach: man kann beides auf digitalem Wege simulieren, indem man die Werte nicht vergrößert, sondern verkleinert. Die Helligkeit auf einen definierten Weg zu reduzieren, hatte ich ja mit dem Bildparametersimulator bereits gemacht. Das ist eine Kleinigkeit. Beim Farbraum hatte ich bis bisher keine Lösung parat. Gestern bin ich allerdings auf diese Seite gestoßen. Dort kann man zwei 3D-LUTs quasi konkatenieren. Ich mache also folgendes:


    1. Synthetisches ICC-Profil für kleinen Farbraum erzeugen
    2. 3D-LUT erzeugen: großer Farbraum -> kleiner Farbraum (Clipping auf den äußeren Grenzen)
    3. 3D-LUT erzeugen: kleiner Farbraum -> großer Farbraum (Farben außerhalb des kleinen existieren nicht, alle innerhalb werden korrekt dargestellt)
    4. LUTs aus 2. und 3. konkatenieren und neue 3D-LUT erzeugen

    Wenn man die resultierende 3D-LUT z.B. in einem Player oder auf dem Desktop anwendet, dann werden alle Farben innerhalb des kleinen Farbraums unverändert dargestellt. Die Farben außerhalb werden allerdings auf seine Grenzen gelegt. Das heißt, man kann dann auf demselben Zielgamut mit derselben Kalibrierung per Knopfdruck vergleichen. Dieser Satz ist essentiell wichtig, denn hier umgehen wir die größten Fehlerquellen, wenn man z.B. am Projektor oder im Videoprozessor verschiedene Profile umschaltet. Farbtemperatur und Gamma bleiben konstant.


    Ich habe das mal mit BT.709 als Quellfarbraum durchgeführt. Einfach deswegen, weil das jeder an seinem Monitor darstellen kann. Man kann das natürlich auch mit DCI-P3 oder BT.2020 machen. Das ist prinzipiell völlig egal.


    Ich habe hier also zwei kleine Gamuts. Einmal mit 75 % und einen mit 50 % Abdeckung bezogen auf BT.709. Die Sättigung der Primärfarben wurden dabei ungefähr gleich stark reduziert (ich habe die Koordinaten frei gewählt). Die Abdeckung bezieht sich auf das Volumen, nicht auf die Fläche.


    75 % BT.709:


    50 % BT.709:


    Natürlich habe ich die resultierenden 3D-LUTs auch messtechnisch validiert. Die Sättigungsverläufe waren wie erwartet (hier nicht gezeigt).

    Das Ganze kann man sich übrigens auch in 3D anschauen:




    Nun kann man diverse Screenshots aus Filmen erstellen und z.B. 50 % weniger Gamut 50 % weniger Leuchtdichte gegenüberstellen usw. Das ist natürlich alles entsprechend aufwändig. Hier mal ein Beispiel:


    50 % Gamut:


    50 % Leuchtdichte:



    75 % Gamut:


    75 % Leuchtdichte:



    Man kann hier pro Beitrag immer nur 10 Bilder reinstellen, daher muss ich hier stark reduzieren.


    Hier noch mal ein Realbild, um mal ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viel 50 % (!) weniger Farbraum eigentlich ausmachen. Man sieht hier schön, dass das rote Kleid betroffen ist und ein bisschen der Himmel und ein paar gelbe Bäume. Der Rest sieht nahezu identisch aus. Und 50 % sind schon enorm viel!


    100 % Gamut:


    50 % Gamut:



    Das Prinzip funktioniert jedenfalls und die Unterschiede sind teilweise sehr gering. Das hatte ich auch immer so erwartet. Stark gesättigte Farben kommen eben nicht so oft vor. Dagegen wirkt die Leuchtdichte regelrecht brachial auf das gesamte Bild. Sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Das ist im Grunde alles nicht neu, aber es gibt keine objektiven Zahlen, mit denen man argumentieren könnte. Das fehlt uns leider komplett und müsste erarbeitet werden.


    Ich will daher auch kein voreiliges Fazit ziehen, dafür müsste man mehr Zeit reinstecken und systematischer Vergleichen. Der Grundstein ist jedenfalls gelegt. Ich kann gerne 3D-LUTs veröffentlichen, wenn gewünscht. Derzeit allerdings nur im CUBE-Format. Ich weiß nicht, ob es Converter nach 3dlut (madVR/Envy) gibt.


    Vielleicht habt ihr ja Szenen, die ihr gerne mal untersucht haben wollt. Meldet euch einfach. Und Diskussionen sind natürlich gerne willkommen. :)

  • Hast Du mit Deinem Projektor auch mal ~100% DCI-P3 -> 80...85% DCI-P3 -> Rec.709 verglichen?

    Noch nicht, ich stehe da noch ganz am Anfang und habe das Verfahren bisher nur an meinem Arbeits-PC ausprobiert.

    Die Frage ist, was man genau vergleichen möchte. Es ist ja z.B. so, dass Blau in DCI-P3 dieselben Koordinaten besitzt wie in BT.709, also sind dort keine Unterschiede zu erwarten. Anders bei Rot und Grün. Man müsste definieren, welche Koordinaten man vergleichen möchte, wenn es halbwegs realistisch sein soll.


    Übrigens finde ich es interessant, was ArgyllCMS bei der Farbraumabdeckung ausspuckt. Der native Gamut des X7900 sieht ohne Filter im Vergleich zu DCI-P3 so aus:



    Er ist bei Blau also größer und bei Grün und Rot kleiner. ArgyllCMS errechnet das Schnittvolumen und gibt dann an, wie viel Prozent das Schnittvolumen vom jeweiligen Farbraumvolumen einnimmt.



    Auf gut Deutsch: der X7900 erreicht ohne Filter nur ca. 80 % von DCI-P3. DCI-P3 deckt allerdings auch nur 94 % vom X7900 ab. Wie sich das mit Filter verhält, müsste ich noch mal messen.

  • Sehr cool. Danke NIls!


    Ich habe einen Monitor der nahezu 100% BT2020 abdeckt. Ich frage mich grad, ob es Sinn macht nun mal ein Bild im BT2020 Farbraum zu nehmen und auch diese Reduzierungen darstellt.


    Was ich aber auch sagen kann, als wir den Gryffin da hatten, haben wir uns BT2020 Material in BT2020 und in BT709 angesehen und es macht schon einen Unterschied.

  • Ein Unterschied zwischen den Farbräumen ist sicher zu erwarten.

    Es geht ja aber auch nicht nur um den Farbraum, sondern darum, ob sich der Farbfilter für besseren Farbraum mit gleichzeitigem Lichtverlust lohnt oder nicht.

    Also z.B. 100% Licht ohne Farbfilter vs. 75% Licht aber dafür mit Farbfilter.

    Ich selbst, würde mich für mehr Licht entscheiden, sofern mir das Licht nicht bereits reicht.
    Natürlich würde wohl jeder, bei gleicher Lichtausbeute, den größeren Farbraum bevorzugen.


    Interessant wäre der Test mit einem Filmauschnitt, der nachweislich viel des BT.2020 Farbraumes nutzt (vorallem grün und rot).
    Das ist dann aber wiederum schwer zu testen, wenn man kein Anzeigegerät hat, dass den Farbraum auch vollständig darstellen kann.

  • Sehr cool. Danke NIls!


    Ich habe einen Monitor der nahezu 100% BT2020 abdeckt. Ich frage mich grad, ob es Sinn macht nun mal ein Bild im BT2020 Farbraum zu nehmen und auch diese Reduzierungen darstellt.


    Was ich aber auch sagen kann, als wir den Gryffin da hatten, haben wir uns BT2020 Material in BT2020 und in BT709 angesehen und es macht schon einen Unterschied.

    Ich muss mich korrigieren, nicht BT 2020, sondern DCI P3.

  • Ich sag mal pauschal so simpel ist das nicht und der Vergleich muss (aus meiner Sicht) einen Haken haben. Bei Andy hatten wir neben dem 4K25 auch mal Free Guy auf seinem P3 fähigen Panasonic verglichen, da waren etliche Bilder einfach deutlich natürlicher. Kann mir das nicht vorstellen wie man auf seinem Handy oder PC Monitor ohne die BT2020 Fähigkeiten es vergleichen können soll. Ich bin da kein Experte, aber beim Umschalten in wenigen Sekunden sind es für mich deutliche Unterschiede und nicht nur wie oft behauptet in hellen Farben die sich in den Ecken der Diagramme befinden.

  • Bei Andy hatten wir neben dem 4K25 auch mal Free Guy auf seinem P3 fähigen Panasonic verglichen, da waren etliche Bilder einfach deutlich natürlicher.

    Da vergleichst Du doch 2 verschiedene Projektoren und nicht nur 2 Farbräume miteinander.

    Ich finde den Vergleich von Nils wesentlich aussagekräftiger.

    Im Idealfall würde man solch einen Vergleich mit einem BT.2020 fähigen Projektor, also z.B. dem 4K25 machen.

  • Kann mir das nicht vorstellen wie man auf seinem Handy oder PC Monitor ohne die BT2020 Fähigkeiten es vergleichen können soll.

    Das kannst du auch nicht. PC-Monitore haben in der Regel nur sRGB, also BT.709 (außer der von Stefan :zwinker2:).


    Aber darum geht es auch gar nicht. Ziel ist ja nicht, anhand von BT.709 zu zeigen, wie ein beschränktes DCI-P3 oder BT.2020 aussieht. Es geht darum, dass man auch auf Anzeigegeräten mit großem Gamut mittels dieser konkatenierten 3D-LUTs simulieren kann, wie eine Gamutverkleinerung aussieht. Und das, ohne andere Parameter zu verändern. Das tun nämlich leider alle Vergleiche, die da draußen so stattfinden. Und eine Änderung an Farbtemperatur, Leuchtdichte, Kontrast, Gamma oder Sättigungsverlauf kann dann schnell mal das Ergebnis stärker beeinflussen als ein etwas größerer oder kleinerer Gamut. Diese Parameter wirken nämlich auf alle Farbtöne, die Gamutverkleinerung nur auf die stark gesättigten.


    Also: bisher können wir noch nicht viele Aussagen treffen, weil ich nur BT.709 eingeschränkt habe und die Bilder jeder an seinem Monitor anschauen kann. Für andere Leuchtdichten oder andere Farbräume muss das nicht so direkt übertragbar sein (->nichtlineare Wahrnehmung). Aber immerhin konnte ich bisher an zwei Monitoren feststellen, dass bezogen auf BT.709 ein 75 % kleinerer Gamut praktisch genauso "bunt" aussieht wie ein um 75 % dunkleres Bild. Die Erkenntnis finde ich zumindest bemerkenswert, auch wenn sie sicherlich keine Allgemeingültigkeit hat.


    Ich bin da kein Experte, aber beim Umschalten in wenigen Sekunden sind es für mich deutliche Unterschiede und nicht nur wie oft behauptet in hellen Farben die sich in den Ecken der Diagramme befinden.

    Ich bin mir inzwischen ziemlich sicher: wenn deutliche Unterschiede im gesamten Bild sichtbar sind, ist nicht der Gamut die (Haupt-)Ursache, sondern vor allem andere Parameter.

  • Das ist klar, es sind viele Parameter. An Helligkeit hatte es nicht gemangelt, der Panasonic ist ja sogar noch heller gewesen als die 300 Nits des 4K25. Schwierig BT2020 Boliden, mehrere, gleichzeitig da zu haben und auch mit nicht BT2020 Geräten in der gleichen Lichtklasse vergleichen zu können.

  • Da vergleichst Du doch 2 verschiedene Projektoren und nicht nur 2 Farbräume miteinander.

    Ich finde den Vergleich von Nils wesentlich aussagekräftiger.

    Im Idealfall würde man solch einen Vergleich mit einem BT.2020 fähigen Projektor, also z.B. dem 4K25 machen.

    Halt, da haben wir aneinander vorbeigesprochen .. du beziehst das auf das topic ;) Mein Input war zur BT2020 Farbe gedacht .. das man eben doch ordentliche Unterschiede sieht da beide Projektoren "ähnlich" hell waren mit 300/350 nit

  • Da würde ich aber Andi einfach mal zutrauen, dass die Kalibrierung stimmt. Zuspielung mutmaße ich mal gleiche Quelle inkl Tobemapping (MadVR? Envy?). Es bleibt im wesentlichen Kontrast und ????

  • Mahlzeit,


    das war schon kalibriert (dito gleiches DTM Setting in den Nit Werten + Quelle...man musste nur umschalten in den Werten teils in paar Klicks) und der Pana (natürlich hat der nochmal ein anders Farbsetting + Gamma) kommt sehr dicht an einen RGB Laser herran, was im Prinzip alle Zwischenfarben betrifft, sogar im Bereich rot+blau (recht nahe an den Endbereichen). Da ist schon viel justiert und angepasst (DTM etc.). Aber das Grün schafft er so nicht. Da wo der Laser noch in der Endsättigung grün bleibt, kippt der Pana mehr ins Grün/gelb. Daher er weicht von der Geraden BT 2020 ab und kommt auch nicht so hoch.:zwinker2:

    Nur wer RGB Lasser nicht kennt, denkt das sind volle BT 2020 an Farben. :)


    Ich sehe das mit dem Gamut insofern bei BT 2020 schon etwas zweigespalten.

    Man sieht an vielen Szenen recht schnell den besseren Gamut, wenn man das vergleicht (1:1).

    Auch wenn der Film keine vollen BT 2020 oder volles P3 anbietet.

    Natürlich sind das kein Welten dann, aber wenn doch mal BT 2020 im Content voll zu haben ist, knallt das richtig (also auch richtig im Sinne so sehen die Farben wirklich aus).

    Nur ohne entspr. Helligkeit geht das ohnehin wieder Schritt für Schritt unter, diese Strahlkraft der Farben, da nützt dann auch keine 100% BT 2020 Abdeckung oder dem Zwang dahinter, dem nachzulaufen.

    Daher unter 200 Nit BT 2020 mit maximaler Performance darstellen zu wollen ist meiner Meinung nach unnötig.

    Wobei damit immer noch die Frage im Raum steht, wieviel BT 2020 Abdeckung schafft der "Kollege" ?


    Von daher ist mein Fazit zum Gamut :

    Bei BT 2020 gibt es klare Unterschiede, die aber erst mehr ins Gewicht fallen, bei höheren Helligkeiten.

    Das deckt sich auch mit meinen anderen Erfahrungen.

    Eine Led Wall schafft "nur" ca. 90 - 92% BT 2020 Abdeckung (im Moment), aber schaue ich damit im Bereich 400 - 500 Nit, dann sind die Farben nochmal brillanter, als auf einem 3 Chip DLP RGB Laser (mit um 98- 100%) BT 2020 und vielleicht 300 Nit Helligkeit.

    Da macht es auch keinen Sinn ggf. mit noch mehr Licht auszugleichen (PJ), weil die Kontrastspreizung an der Led Wall klar im Vorteil bleibt und so die Farben immer mehr Druck behalten.

    (anders ist das sicher beim Eclipse PJ, aber der Test wird sicher irgendwann gemacht).


    ANDY

  • *EDIT* Die Bilder hier sind vermutlich falsch, bei einer Neuinstallation von MPC-BE wie von mir durchgeführt, wird der default renderer von MPC-BE genommen. Es stellte sich leider heraus das dieser mit HDR Filmen wohl nicht umgehen kann und daher die Auswertung nicht funktioniert.



    Im AVS Forum gibt es einen netten Shader für MPC-BE -> aktiviert man diesen wird alles innerhalb DCI-P3 desaturiert zu schwarz weiß, alles was bunt bleibt ist über DCI-P3 und z.b. mit QD-OLED teilweise oder RBG Laser vollständig abbildbar.

    https://www.avsforum.com/threa…nt.3256532/#post-62034431


    Alle Bilder ohne jegliche weiteren Filter, kein Tonemapping etc.


    Beispiel aus alles steht Kopf: Der "Elefant" ist zu großen Teilen in P3, das bunte ist eben außerhalb.



    Ich habe dann auch mal brandneue Filme genommen von 1961, 101 Dalmatiner ... ja auch diese wurden mit Farben außerhalb DCI-P3 digitalisiert., in überraschend vielen Bereichen.


    Valerian ist auch sehr schön in ganz vielen Bereichen:

    Und da ich diese Szene hier im Besuchsbericht bei Andy genommen hatte um die "Unmöglichkeit" RGB Laser zu fotografieren darzustellen:


    Maverick


    Wonder Woman

    Terminator 1984 (natürlich immer das rote Auge :-) )

    The greatest showman

  • generell Feuer ist immer außerhalb könnte man pauschal sagen:

    ohne Filter:

    mit Filter (wie gesagt, P3 ist schwarz weiß):


    Sobald es in die Natur geht ist grün und blau immer "draußen":

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