(Un?-)Sinn des Probehörens

  • Stets wird geraten Lautsprecher vor dem Kauf Probezuhören. Damit meine ich bei anderen Nutzern in deren Räumlichkeiten.


    Ich halte das in den meisten Fällen für verschwendete Zeit.


    Als Begründung bedarf es keines seitenlanges Essays:

    Der Raum macht die Musik.


    Ok vielleicht doch ein bischen mehr:

    Raum und Lautsprecher sind immer als komplexes System zu sehen und je nach räumlichen Gegebenheiten und akustischer Behandlung natürlich völlig verschieden. Die Vorführräume der meisten Lautsprecherentwickler haben wenig mit unseren bedämpften Heimkinos gemein, sie sind im Bass meist unbehandelt und setzen auch sonst eher auf eine Stereo-Ausrichtung. Z.B. Diffusoren/nackte Wände an Erstreflektionspunkten, was laut Toole ja sogar viele Hörer bevorzugen.


    Zusätzlich zur subjektiven Einschätzung bedarf es in diesem Fall eigentlich noch einer Objektiven in Form von Messungen: Was kommt vom Raum, was kommt vom LS?


    Bereits das Vorhandensein einer Bassmode verändert meiner Erfahrung nach den Klang(-eindruck) erheblich, auch über den Bass hinaus. Dann werden andere Töne überdeckt etc.


    Auf die Gefahr hin, dass die Diskussion abschweift als Spoiler:


    Aber auch im Falle eines Tests in den heimischen Gefilden sollte vorher bereits die akustische Behandlung (zum LS passend) vorhanden sein.

    Ein Linienstrahler, welcher an ein DBA angekoppelt wird bedarf z.B. andere/weniger Behandlung als ein Hifi Gezücht mit ungleichmäßiger Bündelung und -3db Punkt bei 35 HZ.


    Weiterhin ist es gerade für "Hör-Anfänger" (zu denen ich mich trotz 15 Jahren Violaspielens zähle) schwer einen guten von einem schlechten (bzw unpassendem) LS zu unterscheiden.

    Worauf soll man achten? Was bedeutet es, wenn jemand ohne Hörerfahrung eine objektiv völlige Fehlkonstruktion mit übertriebenem Beats by Dr Dre Bass toll findet?


    Teils kommt es dann zum Eindruck, dass "irgendwas nicht stimmt". Aber genauer spezifizieren kann man dies dann nicht ohne Messungen. Dann wird evtl. der nächste für den Raum unpassende LS rangeschleift und massig Geld verbraten.


    Dagegen gibt es bereits einige Untersuchung zum Klangpräferenz, welche diese mit Messgrößen zusammenbringen. Ein LS mit gleichmäßigem Abstrahlverhalten beispielsweise wird tendenziell als wohlklingender eingeschätzt, das Abstrahlverhalten lässt sich an Graphen recht einfach ablesen.



    Demnach gilt meine Kritik auch der Berufung auf subjektive Eindrücke Anderer bei der Auswahl eines Lautsprechers. Genau dafür wurden objektive Messverfahren entwickelt. Vergleichbarkeit!


    Daher ist das Probehören eines Lautsprecher nur in folgenden Fällen sinnvoll:

    - der Lautsprecher wird im eigenen, bereits optimierten Raum probegehört

    - der Lautsprecher wird in einem anderen optimierten Raum probegehört, dessen Rahmenbendingungen (inklusive Optimierung) dem meines Raumes sehr ähneln

    - Menschen im Besitz "jahrzehntelanger Hörerfahrung" können unter Zuhilfenahme akustischer Messungen des fremden Raumes zumindest bedingte Aussagen zum Klang treffen


    Wie seht ihr das?

  • Ich bin da auch geteilter Meinung. Aus meiner Sicht braucht es das Erleben, das Hören um überhaupt einmal wahrgenommen zu haben, wie sich bestimmte Messwerte, Eigenschaften, Konstruktionen und Konzepte anhören und was einem gefällt. Mit genügend Hörerfahrung lernt man aber gewisse Eigenschaften schon auf dem Papier miteinander und dem Gehörten zu verknüpfen und ganz nüchtern eine Vorauswahl für das Lastenheft zu treffen. Wenn dann im gewünschten Preisbereich Speaker gleichauf liegen in ihren Eigenschaften, bin ich auch dafür diese gegeneinander Probezuhören. Oft finde ich aber relativ wenig, was all meine gewünschten Eigenschaften vereint und dann noch in mein Portemonnaie passt oder widerum lasse ich einfach die Finger von Produkten bei denen zu wenig Informationen zu deren Eigenschaften erhalten kann.

    auch gewerblich als User "Speaker Base" unterwegs

  • In einer idealen Welt würde ich immer probehören wollen. In meinem Raum. Kein Thema.


    In der realen Welt ist das so aber häufig gar nicht durchführbar. Gewöhnliche Lautsprecher kann man bestellen, probehören, und ggf. wieder zurückschicken - kein Ding. Bei Lautsprecher wie beispielsweise den Beckersounds, die auf Anforderung erst gebaut werden, ist das allerdings nicht ohne weiteres möglich.

    Bauthread: FOKUS Heimkino

    (Ein Claim für das Kino wird derzeit noch gesucht; der Claim ist noch ... unscharf. Aber die Suche ist im Fokus!)

  • In einer idealen Welt würde ich immer probehören wollen. In meinem Raum. Kein Thema.


    In der realen Welt ist das so aber häufig gar nicht durchführbar.

    Das sehe ich auch so. Bei einem guten Händler kann man zumindest die ungefähre Klangcharakteristik einfach vergleichen und hat somit auch mehr Auswahl als wenn man sich auf einige wenige Lautsprecher beschränken muss.


    Ich finde das zu weitgehend und unpraktikabel, denn diese Anforderungen sind kaum umsetzbar. Wenn ein Lautsprecher z.B. nur im bereits optimierten Probe gehört werden darf, dann beißt sich die Katze zudem in den Schwanz. Denn eigentlich sollten doch Lautsprecher und Raum aufeinander abgestimmt werden?.


    Und im Umkehrschluss bedeuten die Anforderungen, dass man - wenn man sie nicht umsetzen kann - gar nicht probehören sollte. Und wie soll man dann eine Entscheidung treffen?


    Ich denke, im wissenschaftlichen Bereich oder wenn man aussagefähige, übergreifende Tests vornehmen will, dann könnten diese Anforderungen sinnvoll sein. In der Praxis wird es schwer. Ich würde nicht aufs Probehören verzeichten wollen.

  • Probehören bei einem Händler bietet die Möglichkeit das Potential eines LS unter (hoffentlich) optimalen Bedingungen zu erfahren.

    Dazu gehört die Aufstellung, die Raumoptimierung und die Einmessung.

    So kann man selbst erfahren was die LS maximal zu leisten im Stande sind. Um dies (bei Gefallen) in den eigenen 4 Wänden so zu reproduzieren gehört dann eben auch das ganze Maßnahmen-Paket dazu, damit die LS dann zu Hause genau so aufspielen können wie beim Hörtermin. Darüber sollte man sich im Klaren sein.

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