Verstärkung aus dem Ländle

  • Servus miteinander, wollt mich mal vorstellen :)


    mein Name ist Martin, ich wohne mit meiner Familie im eigenen Haus mit eigenem Kino in der Nähe von Stuttgart. Ich komme ursprünglich vom Lautsprecherbau, das habe ich seit Kindesbeinen als Hobby betrieben (bereits im elterlichen Keller das erste Heimkino gebaut). Nach dem Studium habe ich einige Jahre als Entwicklungsingenieur in der Lautsprecherbranche gearbeitet, mittlerweile im Bereich der Raumakustik.
    Im Gegensatz zu den meisten Neuzugängen hier in letzter Zeit kennt man mich nicht von beisammen ;) (da hab ich zwar recht viel mitgelesen, aber diese ganzen strengen Regeln und Vorschriften haben mich immer von einer Anmeldung abgehalten :shock: ). Mich findet man unter demselben Nickname im Visaton Forum, wo ich auch Moderator bin. Leider kommt dort das Thema Heimkino viel zu kurz und es findet kaum Austausch darüber statt, weshalb ich nun hier auf Gleichgesinnte und regen Austausch zu diesem spannenden und vielschichtigen Thema hoffe :sbier:
    Mein Kino, das "Belle Cinema" , werde ich hier auch mal bei Gelegenheit vorstellen (die ausführliche Entstehungsgeschichte kann man bei Interesse hier nachlesen: Belle Cinema).


    In meinem Kino ist alles ein bißchen anders... Optisch ist es nichts besonderes, da hab ich schon viel abgefahrenere Kinos gesehen. Das hat bei mir nur untergeordneten Stellenwert. Aber technisch sieht die Sache etwas anders aus: mit vorgegebenen Grenzen tu ich mir immer schwer, und mit dem was man halt mit "normalen" Mitteln so erreichen kann, gebe ich mich nicht zufrieden. Drum gibts bei mir ein paar Speziallösungen, die es sonst nirgends gibt: Die 4m Cinemascope Leinwand ist doppelt gekrümmt (Torus / Kugeloberfläche) und besteht deshalb aus einem gigantischen luftdichten Kasten mit Vakuumpumpe im Nebenraum. 11 Lautsprecher sind einfach viel zu wenig für eine geschlossene Klangkulisse, drum sind es bei mir derzeit 25, alles Abwandlungen bzw. Weiterentwicklungen der LaBelle von Visaton - daher auch der Name des Kinos - plus 8 Subwoofer (4 18" Luftverschieber hinter der Leinwand und 4 TIW 400 als Ripole vor der 1. Reihe). Die zusätzlichen Kanäle interpoliere ich durch einen Haufen ProLogicII Decoder bzw. seit neuestem auch durch DSP-Nachbildung einer 5x3er Gerzon Matrix, um aus 3 Frontkanälen 5 mit breiterer Basis zu erzeugen. Die Raumakustik wurde hauptsächlich mit einigen m² Breitbandkompaktabsorbern (mit Schwingblech), extrem schweren Vorhängen mit definiertem Wandabstand und dicken Sitzmöbeln berechnet und optimiert. Als nächstes kommen noch ein paar m² Diffusoren an der Decke dazu... Das Beamerrack beherbergt ständig zwischen 4 und 6 unterschiedliche Projektoren, weil ich da immer am Testen, Vergleichen, Messen und Optimieren bin. Da 3D für mich ein absolut faszinierendes Thema ist, habe ich ein passives 3D Stack mit Interferenzfiltern gebaut. Damit ist 3D endlich so hell, so ruhig, so scharf, so realistisch, dass es selbst die größten Zweifler überzeugt und einfach nur Spaß macht.
    Soweit mal in aller Kürze zu mir und meinem Belle Cinema :D Ich bin mittlerweile auf einem Stand, der sowohl akustisch als auch optisch echt Spaß macht. Da die ständige Optimierung und Weiterentwicklung aber Selbstzweck und Haupthobby ist, wird das Streben nach dem letzten Quäntchen Perfektion nie aufhören.


    In diesem Sinne hoffe ich auf fröhlichen, informativen und fruchtbaren Austausch in dieser illustren Runde hier! :sbier:


    Herzliche Grüße, Martin

  • Hallo und Willkommen!


    Dein Kino kann man wirklich als sehr speziell bezeichnen, mir gefällt die Vielfalt an technischen Lösungen bei Dir allerdings sicher nicht für jederman machbar. Schon allein die Anzahl der Lautsprecher! :respect:


    lg Alpi

  • Hi Martin,


    das klingt ja echt spannend, was Du da im Kino alles verbaut hast. Sieht nach echt vielen Lautsprechern aus :-)
    Ich komme auch aus dem Ländle und arbeite in Stuttgart. Vielleicht kann ich mir das irgendwann mal live anschauen :-)


    Grüße
    Pascal

  • Servus und willkommen :sbier:
    Curved Screens sieht man ja doch häufiger mittlerweile, aber du bist da echt noch ein ganzes Stück weiter gegangen :mad:
    Auf die Ansteuerung der Lautsprecher bin ich gespannt, kann mir da nicht wirklich was drunter vorstellen.


    Grüße aus Oberfranken
    Jakob

  • Zitat

    Die zusätzlichen Kanäle interpoliere ich durch einen Haufen ProLogicII Decoder bzw. seit neuestem auch durch DSP-Nachbildung einer 5x3er Gerzon Matrix, ...


    Das musst du unbedingt mal genauer beschreiben. Hatte so was mittels Aurora nämlich auch im Sinn.

  • Männer, danke für die herzliche Aufnahme! Endlich normale Leute :sbier:
    Da ich zur Zeit krank auf der Couch rumhänge ist die Chance sogar recht hoch, dass ich die Tage mal einen halbwegs detaillierten Bericht zur Entstehung meines Kinos einstelle. Fürs erste sei nochmal auf den Link im Eröffnungspost verwiesen. Der Thread ist übelst lang, aber man kann ja nur zu den Bildchen scrollen ;)


  • Das musst du unbedingt mal genauer beschreiben. Hatte so was mittels Aurora nämlich auch im Sinn.


    Den Aurora DSP hatte ich mir auch mal kurz angeschaut, aber mir war so als erfüllte der mindestens ein Kriterium nicht, was ich zur Implementierung der Gerzon Matrix brauchte (symmetrische Eingänge, freies Routing, Pegeleinstellung für jeden Eingang?), drum wurde es der MiniDSP 10x10 HD.


    Hier mal auf die Schnelle was rüberkopiert, was ich vor ein paar Tagen bei Visaton dazu geschrieben hatte:


    ... hier der Link zu dem überaus spannenden Paper von Michael Gerzon, über das ich vor vielen Jahren mal gestolpert bin und was mich seither nicht mehr losgelassen hat:


    http://decoy.iki.fi/dsound/ambisonic/motherlode/source/7038.pdf


    Durch mein extrem breites Bild sind 3 herkömmliche Frontspeaker einfach zu wenig: entweder passt die Basisbreite akustisch, dann ist das Bild aber wesentlich breiter als selbige. Oder die Basis wird auf die Breite des Bildes aufgespreizt, dann leidet aber die Ortung in der Mitte. Drum habe ich ja längst 5 Frontkanäle auf 0°, +/-18° und +/-36°, wobei die 3 mittleren doppelt bestückt sind (je einer oberhalb und einer unterhalb der Leinwand). Bisher waren Mitte Links und Links außen sowie Mitte Rechts und Rechts außen jeweils parallel angesteuert. Das ging einigermaßen und half immerhin, das Klanggeschehen ohne Löcher in der Mitte und von der Breite her passend zum Bild wiederzugeben. Allerdings war die Separation bzw. die saubere Lokalisation in der Bildebene so noch nicht ideal.
    Nun habe ich mit dem MiniDSP eine 5x3 Matrix nach Gerzon nachgebildet, wodurch jetzt jeder Frontspeaker separat angesteuert wird. Als Eingangsgrößen gehen die 3 Frontkanäle (L, C, R) ein, welche durch die Matrix energierichtig auf 5 Kanäle mit größerer Basisbreite geroutet werden. Man muss etwas tricksen und die inversen Anteile über den Negativ Pin der symmetrischen Eingänge des DSP einspeisen. Dazu habe ich mir einen Plan ausgetüftelt, wie ich trotz beschränkter Anzahl von Prozessoreingängen möglichst viele der 15 Koeffizienten der 5x3 Matrix berücksichtigen kann. Nur 2 der 15 musste ich weglassen, aber die spielen mit -31 dB keine hörbare Rolle mehr.


    Der Unterschied im Klang ist doch nochmal deutlicher als ich es erwartet hätte! Die Gerzon Matrix passt wie die Faust aufs Auge zu meiner Situation mit der eigentlich zu großen Basisbreite :D
    Das vordere Klangfeld korreliert nun hörbar exakter mit dem Geschehen auf der Leinwand. Ereignisse auf halb-links ertönen auch exakt von dort, aber das ist eben nicht das Ende der Fahnenstange. Durch die schlanken Belles ganz außen wird die Bühne exakt auf Leinwandbreite aufgespannt, ohne an Geschlossenheit und Präzision weiter innen zu verlieren. Auch der Übergang zu den Wides auf 60° gelingt jetzt noch nahtloser. Für eine erste Quick-and-dirty Einstellung bin ich nach einigen Tests und dem ersten kompletten Film echt happy! Das hat sich definitiv gelohnt und hat das Belle-Cinema nochmal einen deutlichen Schritt vorangebracht :)


    Ach ja, das Verstärker-Rack wurde in dem Zuge auch nochmal etwas erweitert und umstrukturiert, da nochmal 2 AVRs dazukamen, einer für die zusätzlichen Verstärkerkanäle für die Matrix, und einer für den VOG. Für die Neuverkabelung saß ich an einem Tag 5 Stunden in der engen Techniknische :eek:
    Aber es ist ein hübsches Türmchen geworden wie ich finde...

  • Hallo Martin


    Herzlich willkommen bei uns. Schön mal einen Moderator eines anderen Forums begrüßen zu dürfen. Ich bin ja auch sehr sehr sporadisch im Visaton Forum vertreten und meine auch dein sehr außergewöhnliches setup mal durchgelesen zu haben. Jedenfalls schön, dass du da bist und auf ein gutes miteinander :sbier:


    Das mit der Gerzon Matrix sagt mir was. Ich meine wir hatten das mal andiskutiert bzw. Ich mal begonnen das Papier zu lesen
    Kann sein squeezman das unser beider Kumpel der Steffen mir das mal geschickt hat


    P.S.: Wir können hier auch sehr gerne einen Visaton Diskussionsthread eröffnen.
    Bisl mitreden kann ich auch ;)
    https://heimkinoverein.de/foru…e-entsteht-wohnzimmerkino

  • Hallo Martin,


    herzlich willkommen im Forum!


    Freue mich schon auf Deinen Kinobaubericht und Bilder von der kugelflächenausschnittförmigen Leinwand.


    Den Grundgedanken kann ich mir gut vorstellen, aber wie Du bei einem rechteckigen Rahmen eine gleichmäßig gewölbte Oberfläche mit konstantem Abstand zur Projektorlinse hinbekommen hast, interessiert mich schon sehr :sbier:


    LG


    Uwe

  • Hey, auch Euch anderen noch Danke für den netten Empfang! :)


    Macelman, der Squeezeman guckt sich immer meine ganzen Ideen und technischen Detaillösungen ab, da kann es gut sein dass er geplaudert hat - stimmts Marius :big_smile:


    Hocky, den Sitzabstand hab ich auch noch nirgends hier geschrieben, das weiß der Marius nur weil er selber schon da saß :D
    Bei 3D sitze ich sogar eher so bei 2,7m, und dann sind die äußeren Fronts schon irgendwo Richtung 40-42°. Das wird dann schon schwierig mit nur 3 Frontspeakern. So ne Trinnov mit 32 Kanälen wäre genau mein Ding, ist mir aber definitiv zu teuer. Außerdem kann das ja jeder (mit nem dicken Geldbeutel) : q


    Uwe, das Grundprinzip ist eigentlich ganz einfach: Schneide einen Quader (in dem Fall mit einem Seitenverhältnis von 2,4) mit einer Kugel (in meinem Fall mit dem Radius 5m). Daraus ergeben sich (im CAD) die Radien an den Rändern meines Kastens, die ich dann auf die Seitenbretter übertragen habe. Den Rest macht die genau definierte Spannung und der exakt eingestellte Unterdruck. Mit einer Lehre nachgeprüft sind die Abweichungen von der idealen Kugel im eingeschwungenen Zustand nirgends größer als ca. 1cm, das ist absolut unsichtbar.
    Der Abstand zur Projektionslinse ist übrigens nicht überall gleich, dafür hätte ich einen Kugelradius von nur 4m gebraucht. Die Krümmung wäre dann aber zu groß geworden, Projektionsabstand und Schärfentiefe hätten nicht mehr ausgereicht. Sind halt alles Kompromisse, die man eingehen muss wenn so viele Faktoren zu berücksichtigen sind, aber mit denen kann ich eigentlich ganz gut leben... :)

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