Sind SBA/ DBA kohärente Schallquellen?

  • Moin Nils, das ist jetzt aber eine sehr gewagte Aussage! :waaaht:


    Ganz und gar nicht. Ich konnte es mehrfach messen über die Jahre.


    Zitat

    Nehmen wir mal einen typischen Heimkinoraum mit 50m^3 und einer brutal niedrigen Nachhallzeit von 0,2s. Dann ergibt sich für einen Kugelstrahler ein Hallradius von rH = sqrt(50 / (340*0,2)) = 0,857 m. Das bedeutet, am Hörplatz kommt eigentlich von jedem Lautsprecher bereits mehr Diffusschall als Direktschall an. Mal ganz abgesehen davon, dass 0,2s im Tiefbass kaum realisierbar sind.


    Den Hallradius pack mal lieber schnell weg. Der ist nur für große Räume definiert, weil er ein statistisches Schallfeld voraussetzt. Das ist aber in kleinen Räumen nicht gegeben. Hier liegen sehr diskrete Reflexionen vor. Das sieht man übrigens sofort, wenn man sich mal die ETCs an verschiedenen Sitzpositionen anschaut.


    Und im modalen Bereich ist der Hallradius nie gültig. Nur, weil REW dort eine RT60 ausrechnen und anzeigen kann, heißt das nicht, dass diese Metrik dort in irgendeiner Form sinnvoll ist. :)


    Die RT60 und auch der Hallradius sind Metriken, die vor langer Zeit für Kirchen, Opernhäuser und ähnliche große Räume erdacht wurden. In unseren kleinvolumigen Zimmern mit nahen Grenzflächen, ist sie nicht anwendbar.


    Gruß
    Nils


  • Ändert nichts an der einfachen Antwort zur gestellten Frage: +6dB bei doppelter Anzahl und Leistung von Lautsprechern


    Hallo Mankra,


    die gestellte Frage war zwar anders, aber trotzdem:


    Deine "einfache" Antwort ( 6 dBSPL ) gilt nur für kohärente Schallquellen.


    Für inkohärente eben nur 3 dBSPL.


    Ich bin mir aber eben nicht sicher, ob zwei Stereolautsprecher, selbst wenn sie das gleiche Signal abgeben, als kohärent betrachtet werden können.


    Welcher Meinung bist Du? Ihr?


    LG


    Uwe

  • ... statistisches Schallfeld voraussetzt. Das ist aber in kleinen Räumen nicht gegeben. Hier liegen sehr diskrete Reflexionen vor. Das sieht man übrigens sofort, wenn man sich mal die ETCs an verschiedenen Sitzpositionen anschaut.


    Eine weitere sehr gewagte Aussage, die ich aus meiner Berufspraxis heraus nicht teilen kann. Ja, theoretisch hast Du recht. Praktisch habe ich schon unzählige Nachhallmessungen und Schalldämmmessungen nach DIN 4109 durchgeführt, auch in kleinen Räumen vergleichbar zu unseren Heimkinos. Die DIN 4109 geht explizit von diffusen Schallfeldern in Sende- und Empfangsraum aus. Diese Diffusität haben wir oft genug messtechnisch durch unzählige Messungen an verschiedenen Positionen und Vergleichsrechnungen mit unterschiedlichen Messdatensätzen nachgewiesen, sei es in Büros, Konferenzräumen oder auch im Prüfstand. Klar, je kleiner der Raum und je stärker bedämpft der Raum, desto schwieriger wird das mit dem diffusen Schallfeld, und im Modenbereich natürlich sowieso. Nichtsdestotrotz kann man mit hinreichend guter Näherung auch bei kleinen Räumen noch von einem Diffusfeld ausgehen. Auch geht in die Berechnung des Schalldämmmaßes nach DIN 4109 die RT60 im Empfangsraum ein. Für die Größe des Empfangsraums eines normgerechten Prüfstandes gibt es konkrete Vorgaben, und die sind wesentlich näher an einem Heimkino als an einer Kirche oder einem Opernhaus.


    Und im modalen Bereich ist der Hallradius nie gültig. Nur, weil REW dort eine RT60 ausrechnen und anzeigen kann, heißt das nicht, dass diese Metrik dort in irgendeiner Form sinnvoll ist. :)
    Die RT60 und auch der Hallradius sind Metriken, die vor langer Zeit für Kirchen, Opernhäuser und ähnliche große Räume erdacht wurden. In unseren kleinvolumigen Zimmern mit nahen Grenzflächen, ist sie nicht anwendbar.


    Ich habe noch nie mit REW eine RT60 gemessen, aber umso öfter mit professionellem Messequipment ;)
    Nach Deiner Aussage wären sämtliche Empfehlungen, Vorgaben und Grenzwerte, die z.B. eine DIN 18041 oder eine EN ISO 2569 bezüglich der RT60 und dem D2,S Maß explizit auch für kleine Räume machen, und nach denen professionelle Akustiker arbeiten, absolut sinnlos. Nach meiner Erfahrung sind derartige Messungen aber glaubhaft, reproduzierbar und decken sich sehr gut mit Berechnungen und Simulationen zum selben Raum.


    Gruß, Martin


    Edit: Und ja, D2,S eines Kugelstrahlers misst sich in stark bedämpften Räumen deutlich näher an 6dB als an 0dB, das ist auch meine Erfahrung. Allerdings exakt 6 dB habe ich noch nie gemessen, es war eigentlich immer so im Bereich 4 - 5,5 dB.

  • Eine weitere sehr gewagte Aussage, die ich aus meiner Berufspraxis heraus nicht teilen kann. Ja, theoretisch hast Du recht. Praktisch habe ich schon unzählige Nachhallmessungen und Schalldämmmessungen nach DIN 4109 durchgeführt, auch in kleinen Räumen vergleichbar zu unseren Heimkinos. Die DIN 4109 geht explizit von diffusen Schallfeldern in Sende- und Empfangsraum aus. Diese Diffusität haben wir oft genug messtechnisch durch unzählige Messungen an verschiedenen Positionen und Vergleichsrechnungen mit unterschiedlichen Messdatensätzen nachgewiesen, sei es in Büros, Konferenzräumen oder auch im Prüfstand.


    Wie habt ihr denn die Diffusität genau nachgewiesen? Also in welcher Auswertung? Ihr messt wahrscheinlich mit einem Dodekaeder oder ähnlichem, oder?


    Es gibt in der Fachwelt Papers, die zeigen, dass in kleinen Räumen eher ein gerichtetes anstatt einem diffusen Schallfeld vorliegt. Hier z.B. sieht man, dass selbst ein nackter Raum nur zu 69% diffus ist. Sobald man Grenzflächen behandelt, nimmt das dann noch drastisch ab. Es sind diskrete Reflexionen, die das Schallfeld bestimmen. Wie gesagt, in der ETC sieht man das sofort.


    Übrigens: eine Messung mit einem Dodekaeder ist noch mal ein anderes Szenario als ein typischer Lautsprecher in einem behandelten Raum. Zum einen strahlt der Dodekaeder in die hintere Hemisphäre genauso stak ab wie in die vordere. Das tun typische Hifi-Lautsprecher nicht, sondern oberhalb des Grundtons nur in die vordere. Stärker richtende Lautsprecher wie Hörner usw. verschieben das Verhältnis noch weiter zugunsten des Direktschalls. Und auch der Wandeinbau verhindert ein strahlen in die hintere Hemisphäre. Das hat zur Folge, dass beim Dodekaeder ein sehr viel ungünstigeres Verhältnis zwischen Direktschall und Reflexionen vorliegt. Das könnte auch die Diskrepanz zwischen unseren Erfahrungen erklären.


    Zitat

    Ich habe noch nie mit REW eine RT60 gemessen, aber umso öfter mit professionellem Messequipment ;)


    Darf ich fragen, was ihr benutzt? :)


    Zitat

    Nach Deiner Aussage wären sämtliche Empfehlungen, Vorgaben und Grenzwerte, die z.B. eine DIN 18041 oder eine EN ISO 2569 bezüglich der RT60 und dem D2,S Maß explizit auch für kleine Räume machen, und nach denen professionelle Akustiker arbeiten, absolut sinnlos. Nach meiner Erfahrung sind derartige Messungen aber glaubhaft, reproduzierbar und decken sich sehr gut mit Berechnungen und Simulationen zum selben Raum.


    Naja, sinnlos sicher nicht. Und Reproduzierbarkeit und Simulationsfähigkeit schließen ja nicht aus, dass die Grundannahme eben nicht wirklich passt, sondern nur grob näherungsweise. Und das Endergebnis der Raumbehandlung kann dann ja trotzdem gut und passend sein. Für mich ist das kein Widerspruch.


    Zitat

    Edit: Und ja, D2,S eines Kugelstrahlers misst sich in stark bedämpften Räumen deutlich näher an 6dB als an 0dB, das ist auch meine Erfahrung. Allerdings exakt 6 dB habe ich noch nie gemessen, es war eigentlich immer so im Bereich 4 - 5,5 dB.


    Ok, dass es keine exakten 6 dB sein müssen, da gehe ich mit. Uwe ging ja von 2-3 dB für einen Kugelstrahler aus und das ist definitiv zu wenig.
    Ich habe leider keine Messungen mehr rumliegen über die Entfernung. Könnte ich mal beizeiten durchführen. Ist ja schnell gemacht.


    Gruß
    Nils

  • Ich würde sagen, knapp ;) Geht ja immer noch um Schallausbreitung in akustisch kleinen Räumen. Ich möchte abschließend noch kurz auf die Punkte von Nils eingehen.


    Wie habt ihr denn die Diffusität genau nachgewiesen? Also in welcher Auswertung? Ihr messt wahrscheinlich mit einem Dodekaeder oder ähnlichem, oder?


    Es gibt in der Fachwelt Papers, die zeigen, dass in kleinen Räumen eher ein gerichtetes anstatt einem diffusen Schallfeld vorliegt. Hier z.B. sieht man, dass selbst ein nackter Raum nur zu 69% diffus ist. Sobald man Grenzflächen behandelt, nimmt das dann noch drastisch ab. Es sind diskrete Reflexionen, die das Schallfeld bestimmen. Wie gesagt, in der ETC sieht man das sofort.


    Die Diffusität haben wir nachgewiesen, indem wir zeitlich und räumlich verteilt sehr viele Messungen aufgenommen haben, und dann z.B. einzelne davon zur Auswertung herausgegriffen haben, oder Gruppen miteinander verglichen haben (z.B. unterschiedliche Raumteile getrennt betrachtet) etc.. Die Unterschiede sind kleiner als man meinen sollte! Auch Grenzflächen treten sehr spät in Erscheinung. Wir haben genau das untersucht, ab welcher Annäherung mit dem Mikrofon an eine Begrenzungsfläche man sich wesentlich vom Diffusfeld entfernt. Die einschlägigen Normen sehen da recht konservativ 1m vor für Lautsprecher und Mikrofon. Unsere Versuchsreihen haben gezeigt, dass abhängig von der Beschaffenheit der Wand (schallhart oder absorbierend) man so ab 0,5m einen Anstieg erahnen kann, in der Regel steigt es relativ schnell auf den letzten 5-15cm an.



    Übrigens: eine Messung mit einem Dodekaeder ist noch mal ein anderes Szenario als ein typischer Lautsprecher in einem behandelten Raum. Zum einen strahlt der Dodekaeder in die hintere Hemisphäre genauso stak ab wie in die vordere. Das tun typische Hifi-Lautsprecher nicht, sondern oberhalb des Grundtons nur in die vordere. Stärker richtende Lautsprecher wie Hörner usw. verschieben das Verhältnis noch weiter zugunsten des Direktschalls. Und auch der Wandeinbau verhindert ein strahlen in die hintere Hemisphäre. Das hat zur Folge, dass beim Dodekaeder ein sehr viel ungünstigeres Verhältnis zwischen Direktschall und Reflexionen vorliegt. Das könnte auch die Diskrepanz zwischen unseren Erfahrungen erklären.


    Is klar, deswegen schrieb ich explizit immer von Kugelstrahler. Das Bündelungsmaß eines Nicht-Kugelstrahlers kannst aber ja ganz einfach in den Hallradius mit einrechnen, der wird damit nicht obsolet. Dann werden halt aus den 0,85m 1 oder 1,5m - immer noch im Rahmen unserer Hörabstände.


    Darf ich fragen, was ihr benutzt? :)


    NTI XL2 für kleinere/mobile Messungen, Sinus Samurai mit bis zu 32 Mikrofonkanälen gleichzeitig für stationäre Messungen.



    ...
    Ok, dass es keine exakten 6 dB sein müssen, da gehe ich mit. Uwe ging ja von 2-3 dB für einen Kugelstrahler aus und das ist definitiv zu wenig.
    Ich habe leider keine Messungen mehr rumliegen über die Entfernung. Könnte ich mal beizeiten durchführen. Ist ja schnell gemacht.


    Gruß
    Nils


    Und hier schließt sich der Kreis zu meinen früheren Aussagen in diesem Thread: Es kann keine allgemeingültige Antwort darauf geben, weil es eben stark vom Raum und vom Bündelungsverhalten der Schallquelle abhängt. Ich schrieb ja, dass sich die Wahrheit zwischen 0dB und 6dB abspielen wird, soviel kann man mit Sicherheit sagen :D
    Für ein akustisch eher unbehandeltes Wohnzimmer und einen Kugelstrahler sind 2-3 dB vermutlich gar nicht so unrealistisch, für ein ordentlich bündelndes Horn- oder Waveguidekonstrukt in einem Kino mit RT60 = 0,2 s werden wir wohl in der Tat sehr nahe bei 6 dB landen :sbier:

  • wir sind aber schon noch beim Thema? :dribble:


    Nicht wirklich. Aber so weit entfernt ist es auch nicht. ;)


    Die Diffusität haben wir nachgewiesen, indem wir zeitlich und räumlich verteilt sehr viele Messungen aufgenommen haben, und dann z.B. einzelne davon zur Auswertung herausgegriffen haben, oder Gruppen miteinander verglichen haben (z.B. unterschiedliche Raumteile getrennt betrachtet) etc.. Die Unterschiede sind kleiner als man meinen sollte! Auch Grenzflächen treten sehr spät in Erscheinung. Wir haben genau das untersucht, ab welcher Annäherung mit dem Mikrofon an eine Begrenzungsfläche man sich wesentlich vom Diffusfeld entfernt. Die einschlägigen Normen sehen da recht konservativ 1m vor für Lautsprecher und Mikrofon. Unsere Versuchsreihen haben gezeigt, dass abhängig von der Beschaffenheit der Wand (schallhart oder absorbierend) man so ab 0,5m einen Anstieg erahnen kann, in der Regel steigt es relativ schnell auf den letzten 5-15cm an.


    Ok, aber was genau habt ihr ausgewertet und verglichen? Den Amplitudengang? Mit welcher Glättung? Die ETC bzw. Impulsantwort?


    Denn selbst wenn sich der ungefensterte und geglättete Amplitudengang nicht stark unterscheidet, so sind doch das zeitliche Eintreffen und die Richtungen der Erst- und Zweitreflexionen stark unterschiedlich (daher "gerichtet"). Und das bestimmt ja letztendlich im Klang auch die unterschiedliche Lokalisation, Entfernungseindruck, Bühne usw.


    Wenn das Schallfeld im kleinen Raum wirklich stark diffus wäre, würde ein Lautsprecher überall praktisch gleich klingen. Das ist aber nicht so.


    Gruß
    Nils


  • Da bin ich ganz bei Dir! High-Fidele Wiedergabe ist nochmal was anderes als schlichter "Lärm", da spielen noch ein paar mehr Faktoren rein ;)
    Hier reden wir aber nicht von Lokalisation und Bühnenabbildung, sondern von der Pegelabnahme über die Entfernung ;)
    Wir haben mit kontinuierlichen Rauschsignalen den Amplitudengang gemessen und zeitlich und räumlich gemittelt, da werden diese Effekte natürlich nicht berücksichtigt.


  • Ich bin mir aber eben nicht sicher, ob zwei Stereolautsprecher, selbst wenn sie das gleiche Signal abgeben, als kohärent betrachtet werden können.
    Welcher Meinung bist Du? Ihr?


    Nach meinem Verständnis kommt es bei gleichen Signalen von mehreren Schallquellen auf das Verhältnis Differenz der Entfernungen zur Wellenlänge an.
    Oder anders ausgedrückt:
    Wenn am Hörplatz die Wellenberge (bzw. Täler) vpn den verschiedenen Schallquellen nahezu gleichzeitig ankommen und sich damit konstruktiv überlagern liegt Kohärenz = + 6dB vor.


  • Nach meinem Verständnis kommt es bei gleichen Signalen von mehreren Schallquellen auf das Verhältnis Differenz der Entfernungen zur Wellenlänge an.
    Oder anders ausgedrückt:
    Wenn am Hörplatz die Wellenberge (bzw. Täler) vpn den verschiedenen Schallquellen nahezu gleichzeitig ankommen und sich damit konstruktiv überlagern liegt Kohärenz = + 6dB vor.


    Hallo Aries,


    ich stimme Dir zu ( bei dem farbig markierten Text ).


    Was ist aber, wenn der Raum nicht 100%-ig und in allen Belangen ( Absorption, Reflexion, Diffusion) etc. symmetrisch ist?


    Dann immer noch Kohärenz?


    Kann ich mir gar nicht so recht vorstellen...


    LG


    Uwe


  • Was ist aber, wenn der Raum nicht 100%-ig und in allen Belangen ( Absorption, Reflexion, Diffusion) etc. symmetrisch ist?
    Dann immer noch Kohärenz?


    Bezogen auf den Direktschall sind es +6 dB, für die indirekten Schallanteile kann es iMo aber schon einen Unterschied machen, so wie Du es beschreibst.
    Bei einem DBA sehe ich jedoch den Direktschall als den maßgeblichen Anteil an (da ebene Welle & Auslöschung durch das hintere Gitter), von daher *vermute* ich, dass der indirekte Schall nur eine untergeordnete Rolle spielt.

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